
Igor Levit 99 Variationen.
Ursula MagnesInterpret: Igor Levit
Label: Sony
EAN: 888750609625
Letztes Jahr sprang Igor Levit in Wien kurzfristig für Hélène Grimaud ein und riss mit Beethovens 4. Klavierkonzert das Publikum im Wiener Musikverein zu Jubelstürmen hin. Er ist noch keine 30 Jahre alt und doch der Star unter den „Klavierdenkern“, wobei ihm jegliche tastende Weltanschauungsdogmatik fremd ist: „Ich halte keine Philosophiestunde, ich mache Musik. Ich schlage eine Taste an, ich spiele, und dann gehe ich wieder. Aber ich erkläre nicht irgendeine Magie.“
Igor Levit muss keine Magie erklären. Er hat sie. Geboren 1987 in Nizhni Nowgorod, zog er mit seinen Eltern mit acht Jahren nach Deutschland, wo er in Hannover bei Karl-Heinz Kämmerling studierte. Der wusste mit dem aufgeweckten Studenten umzugehen und gab ihm die „Diabelli-Variationen“ mit den Worten: „Nehmen sie sich das mal vor, das wird ihr Stück!“
Mit Ludwig van Beethovens letzten drei Sonaten und Johann Sebastian Bachs Partiten hat sich Igor Levit mittels CD-Aufnahmen einen internationalen Namen gemacht. Er hat gleich ins Volle, das Spätwerk gegriffen. Unbekümmert und doch wohlüberlegt. So war es für ihn keine leichte Entscheidung, Bachs „Goldbergvariationen“ am modernen Flügel zu interpretieren, trotz Glenn Goulds genialem ästhetischen Freispruch.
Aber es wäre nicht die unverwechselbare Persönlichkeit Igor Levits, würde er nicht unverkrampft noch etwas drauf setzen und das ganze Unterfangen zu 99 Variationen aufstocken – mit den wundersam fantastischen 36 Variationen über „El Pueblo unido jamás será vencido!“ von Frederic Rzewski, den er mittlerweile zu seinen Freunden zählen darf.
Mit der 3-CD-Box ist Igor Levit wirklich ein Wurf gelungen. Die Zusammenführung der drei „Variationsmonster“ von Bach, Beethoven und Rzewski beleuchtet die Werke auf eine sehr intime Art und Weise. Stößt sie vom Sockel und baut sie neu auf. Mit einer Anschlagsqualität ohne Terrorverdacht. Töne wie man sie oft ersehnt und im besprochenen Fall auch findet.
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