
Smetana: Má Vlast.
Michael Gmasz.Interpret: Czech Philharmonic, Jiří Bělohlávek
Label: DECCA
EAN: 028948331871
Nach Vaclav Neumann galt der Dirigent Jiří Bělohlávek als einer der bedeutendsten Interpreten der tschechischen Orchesterliteratur. Über Jahrzehnte hat er, als Chefdirigent der Prager Symphoniker und Brünner Philharmoniker, als Leiter der Tschechischen Philharmonie und als Gründer der Philharmonia Prag das Musikleben seiner Heimat geprägt. Am 31. Mai des vergangenen Jahres ist er nach langer schwerer Krankheit verstorben. Bei DECCA ist kürzlich eine seiner letzten Aufnahmen erschienen, mein Vaterland von Friedrich Smetana.
Es wäre weit gefehlt, Jiří Bělohlávek ausschließlich auf das Böhmische und Mährische Repertoire zu reduzieren, und doch waren es vor allem immer wieder die Komponisten seiner Heimat, mit denen er sowohl im Konzert als auch auf dem CD Markt große Erfolge feiern konnte. Dvořák, Martinů, Janáček und Smetana – alle stünden sie auf einer Stufe, hat er mir in einem Gespräch einmal gesagt. Zu einer seiner letzten Aufnahmen gehörte das Stabat Mater von Antonin Dvořák, vor einigen Monaten an dieser Stelle präsentiert. Nun hat die DECCA einen weiteren bisher verborgenen Archivschatz gehoben, Friedrich Smetanas Zyklus Má Vlast, mein Vaterland, im Mai 2014 aufgenommen, mit Jiří Bělohlávek am Pult der Tschechischen Philharmonie.
Man hört und spürt in dieser Aufnahme, dass hier nicht nur Orchestermusikerinnen und -musiker am Werk sind, die ihr Handwerk bestens verstehen, sondern dass vor allem ein Dirigent am Pult steht, der die Geschichte und die Geschichten seiner tschechischen Heimat kennt. Die Landschaft, die Mythen und vor allem auch die Menschen. Da darf die Bauernhochzeit in der Moldau schon einmal ein bisschen derber und, auf gut Wienerisch gesagt, „gstrampfter“ klingen, um gleich darauf wieder in sanftestem Pianissimo, sphärisch die Elfen ihren Reigen tanzen zu lassen. Auch die Polka beim Landfest im vierten Teil, auf Böhmens Hain und Flur, lädt zum freudigen Mittanzen ein. Die Amazonenkönigin Sarka strotzt musikalisch nur so vor Energie und groß und mächtig entstehen die Bilder der Stadt Tábor und des Berges Blanik vor dem inneren Auge des Zuhörers. Großes Kino in Erinnerung an einen großen Dirigenten. (mg)