
Eine neue Zauberflöte.
Richard SchmitzEndlich hat die Wiener Volksoper eine neue Zauberflöte. Wolfgang Amadé Mozarts meistgespieltes Werk hatte gestern eine farbenprächtige, kindergerechte, umjubelte Premiere. Unser Opernexperte Richard Schmitz berichtet:
Die „Zauberflöte“ ist ein vielschichtiges Werk, ein Singspiel aber doch große Oper, voll der Aufklärung und pathetischen Botschaften, und doch humorvoll und manchmal banal. So wird jede Produktion zur Herausforderung. Wo sind da die Schwerpunkte zu setzen? Die Wiener Volksoper setzt auf Opulenz. Ein Bewegungschor mit zehn Mitgliedern und sechs Puppenspielern ergänzen die klassische Besetzung und die zahlreiche Komparserie. Die riesige Schlange verschlingt fast den ängstlichen Tamino. Die Drei Knaben sind anfangs große schwebende Puppen, erst in den finalen Bildern kommen die drei Sängerknaben aus dem Orchesterraum auf die Bühne. Die Königin der Nacht tritt fünffach auf. Mit viel Blumen und Kakteen entsteht hier ein revuehaftes Märchen, bei dem einiges rätselhaft und widersprüchlich bleibt. Bei der Feuerprobe müssen Tamino und Pamina durch eine hitzige Schlacht zwischen Tag und Nacht, bei der Wasserprobe durch die gefrorenen Gefallenen dieses Gemetzels. Warum Sarastro seine teilweise recht aufmüpfige militärische Truppe in Hosenträgern zurechtweisen muss, bleibt unklar. Der Regisseur Henry Mason zieht alle Register und sorgt bei der Wortregie für einige überraschende Momente. Im Finale vereinigt sich das erfolgreiche junge Paar mit Papageno und seiner zahlreichen Familie. Sarastro und die Königin der Nacht sind abgemeldet. Die einfache und bodenständige Lebensauffassung hat sich durchgesetzt. So das Fazit dieser Produktion.
Die Dirigentin Anja Bihlmaier darf sich nach der, vor geschlossenem Vorhang gespielten, Ouvertüre über begeisterten Applaus freuen. Sie behält die musikalischen Zügel weiter in der Hand. Tamino Martin Mitterrutzner singt die Bildnisarie achtbar, verliert aber dann seine Durchschlagskraft. Rebecca Nelsen gestaltet die Pamina verlässlich. Stefan Cerny ist in dieser Inszenierung ein schlanker Militarist, sein profunder Bass kommt bestens zur Geltung. Die Königin der Nacht Anna Siminska präsentiert ihre beiden Arien koloratursicher, aber, wenn ich mich nicht täusche, transponiert. Papageno soll in dieser Auffassung ja der Sieger sein, warum man ihn mit dem musicalerprobten Jakob Semotan besetzt hat ist mir rätselhaft. So gut er gespielt hat, ein bisserl Stimme wäre schon schön.
Das Publikum war animiert und ging bei jeder Pointe mit. Zuletzt wurden alle, auch das Regieteam ausgiebig bejubelt. Diese Zauberflöte ist eine Bereicherung des Volksopernrepertoires, geeignet auch für jüngere und ältere Märchenliebhaber.
Wertnote: 7,8/10 Punkten
Rebecca Nelsen (Pamina), Anna Siminska (Königin der Nacht), Bewegungschor – © Barbara Pálffy/Volksoper Wien