Rezensionen

Das Gesicht im Spiegel.

13. September 2022, 09:04 Uhr

Szenenausschnitt Oper "Das Gesicht im Spiegel"
Neue Oper Wien, "Das Gesicht im Spiegel" von Jörg Widmann

Noch vor dem Theater an der Wien bespielt die Neue Oper Wien das Museumsquartier. Walter Kobéra präsentiert „Das Gesicht im Spiegel“ von Jörg Widmann. Unser Opern Experte Richard Schmitz berichtet.

Die Oper wurde 2013 in München uraufgeführt und hat an Aktualität nichts verloren. „Das Gesicht im Spiegel“ behandelt ein hochaktuelles Thema. Es geht um das Klonen von Menschen, um das Erzeugen eines künstlichen Menschen. Die Firma von Bruno und Patricia steht vor dem Ruin. Da kommt der wissenschaftliche Mitarbeiter Milton und meldet, dass ein Klon von Patricia gelungen ist. Dieser Klon Justine richtet auch emotional Einiges an. Es endet, wie es enden muss: Ein Klon ist kein Mensch. Deshalb will Justine sterben. Die moralischen und ethischen Probleme des Klonens werden kaum angesprochen.

Jörg Widmann hat eine abwechslungsreiche Musik geschrieben. Er jagt die beiden Frauenstimmen in schwindelnde Höhen, Roxane Choux als Patricia und Ana Caterina Caseiro als Justine gelingt das imponierend. Das wird aber auf die Dauer eintönig. Wolfgang Resch als Bruno kann als einziger menschliche Töne produzieren. Georg Klimbacher als Milton bleibt blass. Die Aneinanderreihung von Begriffen aus der Computersprache ergibt einen unterhaltsamen Chor. Das wird durch die Projektion zahlreicher Emojis humorvoll unterstrichen. Die Damen des Wiener Kammerchores haben auch sonst dankbare Aufgaben, etwa die Schilderung des morgendlichen Erwachens einer Großstadt. Die Solisten haben es da schwerer. Es gibt kaum gebundene Gesangslinien, alles wird zerdehnt und wiederholt. Der Eindruck einer Oper in Zeitlupe wird auch durch die Regie von Carlos Wagner verstärkt. Entscheidende Texte, sie stammen von Roland Schimmelpfennig, werden geflüstert oder gesprochen. Walter Kobéra und sein amadeus ensemble wien musizieren wie immer verlässlich. Die Oper erntete den gebührenden herzlichen aber kurzen Applaus.

Wertnote: 6,6/10 Punkten auf der Schmitz-Skala