Rezensionen

Denis und Katya.

28. September 2023, 09:08 Uhr

Timothy Connor, Hasti Molavian, Bruno Williams de Santos
Peter M. Mayr

Einleitung: Gestern Abend (27.9.2023) brachte das Musiktheater an der Wien eine moderne Kammeroper in der Kammeroper heraus.„Denis & Katya“ von Philip Venables. Richard Schmitz war für radio klassik Stephansdom dabei.

In diesem Werk – ob es eine Oper ist, muss ich noch überlegen – geht es um eine hochaktuelle Frage: Geben die Videos in den sozialen Medien die Realität wieder? Und wie gehen wir damit um?  Die Fragen versucht der Komponist Philip Venablles und der Regisseur und Librettoverfasser Ted Huffmann anhand eines Ereignisses aufzurollen: Im russischen Dorf Strugi Krasnyje sind im Jahr 2016 zwei Fünfzehnjährige von zu Hause durchgebrannt und haben sich in einer Datscha eingeschlossen. Was sie da getan haben, haben sie ins Netz gestellt und mit vielen Usern geteilt. Katyas Mutter hat bei der Polizei behauptet, Denis habe ihre Tochter entführt. Als die Polizei einschreitet, leisten beide Widerstand. Zuletzt waren die beiden Heranwachsenden tot. Wie es dazu gekommen ist, konnte nie geklärt werden.

Diese Handlung erzählen Venables und Huffmann aber gar nicht. Sie schildern im ersten Teil die Reaktionen des Freundes von Denis, einer Journalistin, der Nachbarin, eines Teenagers, des Lehrers und eines Arztes. Die Mezzosopranistin Hasti Mclavian und der Bariton Timothy Connor versuchen die unterschiedlichen Kommentare mit Hingabe zu gestalten. Da es sich um allzu kurze Miniszenen handelt, muss eingeblendet werden, wer gerade agiert. Eine Charakterisierung ist da nicht möglich und gar nicht vorgesehen. Erst im zweiten Teil reflektieren nur mehr die Journalistin und der Freund. Da kommt erstmals Opernatmosphäre auf. Die Schöpfer des Werkes wollten ausdrücklich eine Amplifizierte Oper schreiben. D.h. die Sängerstimmen und die vier Celli, die den musikalischen Teil gestalten, werden verstärkt. Leider hat das nicht dazu geführt, dass man den Text verstanden hätte. Gesungen wurde deutsch und manchmal auch russisch. Der Regisseur Marco Derbyshire hält sich an die Vorgaben. Das abstrakte Bühnenbild von Martin Hickmann macht die kleine Kammeropernbühne perspektivisch tiefer als sie ist. Sie entwickelt sich im 4. Zwischenspiel zu den Geräuschen eines U-Bahnzuges zu einem rasenden Tunnel, musikalisch wenig ergiebig! Im gesamten ist die Musik mit psalmodierendem Gesang und den Cellisten wenig inspirierend.

Meine Hochachtung gilt Hasti Mclavian und Timothy Connors, die die ganzen pausenlosen 70 Minuten auf der Bühne standen. Was damals in Russland passiert ist, wird man nie herausfinden. Die Realität in den sozialen Medien konnten Komponist und Librettist auch nicht klären und schon gar nicht, ob aus diesem Werk eine Oper werden wird. Das Publikum bejubelte die Professionalität der Aufführung.

Das Programmheft ist übrigens lesenswert.

Wertnote: 7,0/10 Punkten

© Richard Schmitz