Rezensionen

Die Judith von Shimoda.

3. November 2023, 13:45 Uhr

Szenenfoto "Die Judith von Shimoda" A. Davidson, H. H. Hein, T. Connor, A. Kaimbacher
Armin Bardel

Nach dem Erfolg bei den Bregenzer Festspielen zeigt die Neue Oper Wien die Oper „Die Judith von Shimoda“ von Fabián Panisello auch in Wien. Der radio klassik Stephansdom Opernexperte Richard Schmitz berichtet aus dem Theater Akzent.

 

Es geht in dieser Oper um die Heldentat der Japanerin Okichi, die sich als Geisha beim amerikanischen Generalkonsul verdingt, um ihre Heimat vor der Bombardierung zu bewahren. Allerdings schlägt sie dem Amerikaner nicht den Kopf ab, wie die biblische Judith es bei Holofernes getan hat. Da sich alle, die sie überredet hatten, den Wunsch des überheblichen Amerikaners zu erfüllen, an der Lösung bereichert hatten, gerät ihre Heldentat bald in Vergessenheit. Was bleibt ist die Brandmarkung als Hure der Amerikaner. Daran geht sie schließlich zugrunde. Da das ursprüngliche japanische Drama von Bertold Brecht überarbeitet wurde, liegt der Schwerpunkt der Problemstellung bei der Borniertheit der patriarchalischen Gesellschaft und der Unterdrückung der Frau. Die Inszenierung von Carmen C. Kruse verzichtet auf den japanischen Rahmen und siedelt die Handlung in unsere europäische Gegenwart. Eine Rahmenhandlung führt uns durch die Stationen des Abstiegs. Susanne Brendel folgt dem Regiekonzept bei Bühnenbild und bei den Kostümen. Ein riesiger Spiegel zeigt uns die handelnden Personen auch von oben. Das ergibt interessante Aspekte.

Walter Kobéra bringt die komplexen Klangwolken gekonnt zur Geltung. Sprechstellen und Melodram bringen die nötige Wortdeutlichkeit. Das Werk ist musikalisch abwechslungsreich und gibt dem amadeus ensemble Wien Gelegenheit an den verschiedensten Instrumenten zu brillieren. Anna Davidson steht als Okichi ständig auf der Bühne und bringt auch die extremsten Töne zur Geltung. Eine reife Leistung, ein Mitleben ihres tragischen Schicksals durch das Publikum ist weder in der Musik noch bei Bertold Brecht vorgesehen. Der fiese Polizeibeamte Saito ist bei Alexander Kaimbacher in besten Händen. Martin Lechleitner gibt den schwachen Liebhaber und schließlich Ehemann Tsurumatsu. Megan Kahts präsentiert als Freundin ihre schöne Mezzostimme, Gan-ya Ben-gur Akselrod singt die Schlusspointe „Und ihr erzählt bei Heldentaten immer nur die Hälfte!“ eindrucksvoll.

Die Kooperation mit den Bregenzer Festspielen hat sich ausgezahlt. Schön die Oper auch in Wien zu erleben.

Wertnote: 7,5/10 Punkten