Rezensionen

Ein Jahrhundert-Liederabend!

5. April 2024, 08:20 Uhr

Liederabend Konstantin Krimmel

Konzerthaus 4. 4. 2024

 

Völlig  überraschend hat Richard Schmitz einen Eindruck vom gestrigen Liederabend im Wiener Konzerthaus geschickt. Konstantin Krimmel sang begleitet von Wolfram Rieger Lieder von Carl Loewe, Hugo Wolf und Franz Schubert.

Liebe Hörerinnen und Hörer. Der Liederabend hat mich so berührt, dass ich beschlossen habe, Ihnen meine Begeisterung mitzuteilen. Ich habe den jungen deutschen Bariton Konstantin Krimmel nicht gekannt und ging ohne große Erwartung in das Abonnementkonzert. Aber schon die Gestaltung der Loewe-Ballade „Tom der Reimer“ hat mich fasziniert. Da war nichts von der Slezak-Interpretation, die ja zur Parodie fast herausfordert. Da war jede Phrase wohlüberlegt und bestechend umgesetzt. Nie war man versucht, den Text im Programmheft mitzulesen, die Wortdeutlichkeit war überragend. Die Übereinstimmung des Fontane-Textes mit der Musik zeigt gerade in dieser Ballade die Meisterschaft von Carl Loewe. Diese Balladen werden wahrscheinlich auch deshalb unterschätzt, weil sie von vielen Sängern nur dazu benutzt werden, ihre große Stimme zu präsentieren. Herr Krimmel hat eine wunderschöne Stimme, die er durch alle Register geschmeidig führt. Er setzt sie allerdings mit Demut ein. Schon „Herr Oluf“ wurde zum Drama, ohne den geringsten Einsatz von Outrage. Ich war hingerissen. Die letzte Ballade vor der Pause war „Archibald Douglas“. Herr Krimmel erklärte einleitend, dass der Fontane-Text nicht der historischen Wahrheit entspricht. Das zeigt, dass er mit großer Sorgfalt jedes einzelne Lied auf seinen Hintergrund analysiert. Ich war an den jungen Dietrich Fischer-Dieskau erinnert. Auch Hugo Wolfs Vertonung von Goethes „Harfenspieler Liedern“ wurden einfühlsam und dezent geboten. Die Interpretation des „Prometheus“ offenbarte Schubert als Dramatiker. Alle dynamischen Akzente wurden verwirklicht, ohne krampfhaft übertrieben zu sein. Auch die lyrischen Schubert-Lieder beeindruckten mich. Nach dem „Am Tage Aller Seelen“ nahm der Schlussapplaus frenetische Formen an. Er gestattete sich nur zwei Zugaben, deren erste „Die Uhr“ von Carl Loewe er seinem Vorbild Hermann Prey widmete. Dieses Vorbild hat er mit seiner Gestaltungskraft schon übertroffen. Begleitet wurde er von Wolfram Rieger. Subtiler kann man nicht begleiten.

Liebe Hörerinnen und Hörer; wie sie sicher bemerkt haben, fallen mir bei meinen Rezensionen Dinge auf, die man besser machen könnte. Deshalb war es mir ein Bedürfnis, auch einmal zu sagen, dass ich restlos begeistert war.

Wertnote: 10/10 Punkten

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