Rezensionen

G.F. Händel: Belshazzar

21. Februar 2023, 08:20 Uhr

Werner Kmetitsch

Händels Oratorien haben – das ist bei einem Opernkomponisten kein Wunder – gewaltige dramatische Kraft. Die sehr kluge Regie stellt die Handlung in ein vom Klimakollaps bedrohtes Mesopotamien. Die ungleiche Verteilung von sauberem Wasser wird in zahlreichen Episoden klar herausgearbeitet. Der Arnold Schönberg Chor besteht die Herausforderung drei verfeindete Völker, Babylonier, Perser und Juden darzustellen bestens. Der Chor spielt wie in fast allen Oratorien eine Hauptrolle. Der pubertierende Belsazar ist voll der ausschweifenden Dekadenz, wilde Feste voll der Grausamkeit und Vergewaltigung, Ausschweifung und Alkoholrausch. Das gefällt seiner Mutter Nitocris gar nicht. Sie denkt längst, wie ihre lesbische Freundin Daniela – der Prophet Daniel ist hier eine Frau ! Trotzdem versucht sie ihren Sohn mit mütterlicher Attitude umzustimmen. Als das misslingt, ersticht sie ihn. Robert Murray  und Jeanine de Bique gestalten dieses komplexe Verhältnis grandios. In Oratorien sind große Bravourarien ja nicht vorgesehen. Die Prophezeiung MENE TEKEL UPHARSIN erscheint als Hautausschlag auf der Brust des Regenten. Mit der Interpretation des Spruches rückt auch Prophetin Daniela ins Zentrum. Eva Zaïcik macht das mit schönem Mezzo. Auch der persische Prinz Cyrus ist mit einer Frau, Vivica Genaux trefflich besetzt. Der Babylonier Gobrias, der zu den Persern übergelaufen ist, weil Belsazar seinen Sohn ermordet hat, wird von Michael Nagl eindrucksvoll gesungen. Den Gesamteindruck bestimmt die ausgefeilte Videotechnik von Céline Bartil, da sieht man die Sänger in Großaufnahme, da rauscht das Wasser, da regnet es in allen Formationen, da waten die Figuren durch einen Teich, auf dem im Finale Kerzen schwimmen. Imponierend das Bühnenbild von Fabian Teigne, das mit den Bedingungen des Muqua schon fast spielerisch fertig wird. Da Nitocris in dieser Inszenierung zur Umweltaktivistin wird und sich nicht zu Jehova bekehrt, versandet das Schlussbild, das ja eine Huldigung an das Göttliche sein soll und auch so komponiert ist.

Das Publikum beklatschte begeistert Christina Pluhar das Ensemble L`Arpeggiata und den Arnold Schönberg Chor sowie die Protagonisten.

Eine gelungene Aktualisierung des biblischen Mene Tekels, die zum Nachdenken anregt. So soll Regietheater sein. Vor allem, wenn auch der musikalische Teil stimmt.

Ein Renner wird das Oratorium „Belshazzar“ aber nicht werden.

Wertnote: 8,4