CD der Woche

Haydn: L'incontro improvviso

1. Juli 2023, 07:30 Uhr

Interpreten: Breuer, Berchtold, Miesenberger, Fingerlos, Willerding, Malm, Wagner, L'Orfeo Barockorchester, Gaigg
Label: cpo
EAN: 761203532728

Michi Gaigg und ihr L’Orfeo Barockorchester sind unermüdliche Zutage-Förderer und Wiederentdecker eher weniger belichteter Werke. Der Diskographie mit mittlerweile mehr als 40 CD wurde zuletzt die fünfte Operneinspielung hinzugefügt – mit Joseph Haydns Opernrarität L’incontro improvviso. Michael Gmasz hat sich durchgehört.

Bei einem Blick auf den CD Markt fällt eindeutig auf, die Zeit der großen und regelmäßigen Opernaufnahmen ist vorbei. Und wenn, dann ist es meist eines der bekannten Standardwerke, in Hochglanzbesetzung, damit sich die Produktion zumindest kostendeckend verkauft. Umso höher sind die Arbeit von Michi Gaigg und auch der Produktionszugang des Labels cpo einzuschätzen, in dem nun Joseph Haydns „Türkenoper“, ein beliebtes Genre in der Frühzeit der Klassik, L’incontro improvviso erschienen ist. 2019 wurde dieses Werk im Rahmen der donauFESTWOCHEN im Strudengau live aufgenommen, vier Jahre später, wohl auch der allgemeinen Corona-Pause geschuldet, ist die CD mit Haydns „Entführung, als Anspielung auf Mozarts Singspiel, jetzt im gut sortierten Fachhandel erhältlich.

Gleich bei der Ouvertüre merkt man, dass Haydn im Gegensatz zu vielen anderen seiner Zeitgenossen, das „Türkische“ in der Musik sehr dezent verwendet. Ein bisschen Schellenring hier, Oboen anstatt der osmanischen Surnen da und ein leichter Einsatz der Becken genügt ihm fürs Kolorit. Alles in allem weniger martialisch, als tänzerisch und festlich. Haydn hat mit L’incontro improvviso ein Meisterwerk geschaffen, das nur so strotzt vor leidenschaftlichen und ergreifenden Arien, wunderbaren Ensembles, wie dem großen Damenterzett im ersten Akt, und drei großen spannungsgeladenen Finali. Eine großartige Elisabeth Breuer führt als entführte Prinzessin Rezia, neben Anna Willerding und Annastina Malm, ein überzeugendes Frauenensemble an. Rafael Fingerlos schlüpft stimmstark in die undurchsichtige Rolle des Bettelderwisches Calandro. Bernhard Berchtold und Markus Miesenberger stemmen ihre tenoralen Höhen. Erst am Ende darf der Bass Michael Wagner in der Rolle des Sultans so richtig drauf los poltern. Michi Gaigg leitet dabei ihr L’Orfeo Barockorchester, das knackig wie immer aufspielt und der Aufnahme den nötigen Schwung verleiht. Schön, eine solches Haydn Juwel einmal wieder in seiner Gesamtheit auf CD zu erleben. (mg)