Rezensionen

Lady Macbeth von Mzensk.

29. Mai 2023, 09:45 Uhr

Lady Macbeth von Mzensk an der Wiener Staatsoper
(c) Michael Pöhn

Gestern wurde „Lady Macbeth von Mzensk“ von Dmitri Schostakowitsch wieder in den Spielplan der Wiener Staatsoper aufgenommen. Unser Opernexperte Richard Schmitz war dabei.

Die Inszenierung von Matthias Hartmann hat nichts von ihrer Präzision und ihrer Brutalität verloren. Der Weg Katarina Ismailovas von der frustrierten Ehefrau zur dreifachen Mörderin wird ausführlich geschildert. So kann man mit ihr Mitleid haben und die Tiefe der Emotionen verstehen. Elena Mikhailenko bewältigt diese überlange Partie ohne Probleme und lässt ihre schöne Stimme wirken. Sie lebt die mangelnde sexuelle Befriedigung bis zum obsessiven Lieben nachvollziehbar; das ist auch der unbändige Hass und der Wille zum Mord. Keine sympathische Mörderin, aber man kann sie verstehen. Günther Groissböck ist der selbstherrliche Vater Boris, auch er nicht frei von sexueller Begierde. Eine runde Leistung. Sinowi, der impotente Sohn wird von Andrei Popov entsprechend gestaltet. Der leichtfertige Schürzenjäger Sergej, der kein Verständnis für leidenschaftliche Liebe aufbringt, ist mit Dmitri Golovnin trefflich besetzt. Thomas Ebenstein gibt gekonnt den Trunkenbold. Warum diese Figur im Programm "Der Schäbige" heißt, bleibt rätselhaft. Das ist ein Übersetzungsfehler. Ein Besoffener ist fixer meist komischer Bestandteil der russischen Opernliteratur. Hans Peter Kammerer führt die parodistische Szene im Polizeikommissariat an, Dan Paul Dumitrescu hat großen Anteil am Grauen der Zwangsarbeiterszene. Auch die übrigen Rollen waren bestens besetzt. Ein Lob für unser Ensemble der Wiener Staatsoper. Der Brite Alexander Soddy dirigierte sich in die Herzen des Publikums. Die vielen Schichten der Musik von Schostakowitsch sind ihm ein Anliegen. Manchmal lässt er es richtig krachen.

Es war ein großer Abend der Operndramatik, wie man es sich wünscht.

Das Publikum feierte Elena Mikhailenko, Günther Groissböck, alle anderen Sängerinnen und Sänger, den Chor und das Orchester.

Wertnote: 8,8/10 Punkten