Rezensionen

Morgen und Abend in Graz.

13. Februar 2022, 09:40 Uhr

Gestern Abend hatte die Oper „Morgen und Abend“ des in Graz geborenen Komponisten Georg Friedrich Haas Premiere. Chefredakteur Christoph Wellner war für radio klassik Stephansdom in der Oper Graz.

Ein Kind wird geboren, jemand stirbt, das Meer braust unaufhaltsam … Zwischen Morgen und Abend, Leben und Tod, Realität und Traum, Sehnsucht und Illusion gleitet diese Oper von Georg Friedrich Haas. Uraufgeführt 2015 in Covent Garden, kam es gestern Abend – man möchte lauf ausrufen: ENDLICH – zur österreichischen Erstaufführung. Georg Friedrich Haas vertonte einen Roman von Jan Fosse.

Chefdirigent Roland Kluttig führt zielsicher durch die hochexpressive Musik. Haas hat anlässlich der Uraufführung gesagt: „Erwarten Sie keine Melodien, erwarten Sie keine Harmonien, erwarten Sie nur Klanglandschaften.“ Und diese bekommt man. Atemberaubend schwer muss dieses Stück sein, wenn man es dirigiert oder singt. Markus Butter tut dies im zweiten Teil mit- und hinreißend in der Hauptpartie des Johannes. Im ersten Teil ist das Publikum fasziniert von der Präsenz von Cornelius Obonya. Wobei die Worte Präsenz und Ereignis hier auch inhaltlich irreführen. Zu unterschiedlichen Zeitpunkten realisiert man, wer hier lebt und wer tot ist. Wie sagt der Komponist? In „Morgen und Abend“ bemerkt man plötzlich, dass man sich in die Rolle des Gestorbenen hineinversetzt. Dies schafft eine sehr tiefe und intensive emotionale Grundsituation.“

Alle Partien sind großartig besetzt. Neben diesen vokalen Leistungen sind es aber Regie und Bühnebild, Orchester und Dirigent und die Musik von Georg Friedrich Haas, die diesen Abend zu einem Ereignis machen.

Im Unterschied zu Richard Schmitz hier keine Wertung, sondern lediglich ein Wort: HINGEHEN.