CD der Woche

Orchesterwerke von Walter Kaufmann.

6. April 2024, 07:25 Uhr

cpo

CD der Woche / KW 14 / 5. April 2024

Interpreten: Elisaveta Blumina, Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin, David Robert Coleman
Label: cpo
EAN:
76120356128

Der Komponist Walter Kaufmann ist im Österreichischen Musiklexikon nicht zu finden. Seine Musik schien vergessen. Bis Dirigent und ebenfalls Komponist David Robert Coleman durch Karlsbad spazierte und nach Komponisten suchte, die aus Karlsbad kommen. Damit beginnt die Geschichte wie es zur ersten Aufnahme von Walter Kaufmanns Orchesterwerken durch das Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin und der Pianistin Elisaveta Blumina gekommen ist.

Walter Kaufmann wurde 1907 in Karlsbad, damals in Österreich-Ungarn, geboren. Der begabte junge Mann machte seinen Weg und studierte schließlich bei Franz Schreker in Berlin. Er besuchte auch Vorlesungen des Musikethnologen Curt Sachs. Der Jude Kaufmann erkannte die Gefahr der Nationalsozialisten rechtzeitig und emigrierte. Zuerst nach Indien, wo er 1937 zum „Musikhäuptling“, wie er selber sagte, des All India Radio im damaligen Bombay wurde. Er komponierte auch Filmmusiken für die Vorläufer der heutigen Bollywood-Filme. Entwurzelt und heimatlos ging er 1946 nach London, ehe es ihn nach Kanada verschlug, wo er am Halifax Conservatory of Music in Nova Scotia als Professor für Klavier und Komposition arbeitete und später zum Musikdirektor des Winnipeg Symphony Orchestra wurde. In Bloomington wird er schließlich Professor für Musikwissenschaften und 1964 auch US-amerikanischer Staatsbürger. Sowohl in Indien als auch in den USA hat Walter Kaufmann viel komponiert. Weitgehend unbemerkt in Europa. Bekannt ist er durch seine wissenschaftliche Arbeit über indische Musik

Durch das Engagement des Dirigenten David Robert Coleman und vieler weiterer guter Geister unter anderem im Wiener Verlag Doblinger ist jetzt eine Aufnahme seines Dritten Klavierkonzertes, seiner Dritten Symphonie, der dreisätzigen „Indian Symphony“ und der „Six Indian Miniatures“ verfügbar. Kaufmann ließ sich besonders in diesen melodiös von indischen Ragas inspirieren. Das Dritte Klavierkonzert aus dem Jahr 1950 sprudelt voller lebhafter Einfälle. Die Pianistin Elisaveta Blumina bringt Kaufmanns farbige Musik wunderbar zum Ausdruck. Ein Stück, das es mit etwas Neugier der Dramaturgen wieder ins Repertoire schaffen könnte.

Mit dieser Visitenkarte steht einer Wiederentdeckung der Musik Walter Kaufmanns nichts im Wege. Musik eines Praktikers, der mit seinem musikalischen Material äußerst effizient umzugehen wusste, tonal komponierte, Formen wahrte und sich immer wieder neu inspirieren ließ. Die musikalische Spurensuche von Karlsbad über Mumbay nach Bloomington lohnt sich. (um)

© Ursula Magnes