Rezensionen

Puccinis "Il trittico"

5. Oktober 2023, 07:29 Uhr

Giacomo Puccini war am Höhepunkt seiner Meisterschaft, als er diese drei Kurzopern schuf. Eine veristische Eifersuchtstragödie, die Leoncavallo und Mascagni in den Schatten stellt, ein rührseliges Nonnenschicksal, das selbst die Butterfly übertrifft und die Geschichte des Testament Fälschers aus Dantes „Divina Comedia“. Zwei Meisterwerke und ein heiterer Geniestreich.

Es ist kein Wunder, dass der „Gianni Schicchi“ öfter, ohne die beiden anderen Werke, gespielt wird. Puccini wollte drei verschiedene Farben, also Aspekte zeigen. Für die Regisseurin Tatjana Gürbaca sind es drei Blickwinkel bei der Suche nach dem Glück. Da das nur beim „Mantel“ klar zu erkennen ist, muss das begriffsstützige Publikum mit riesigen Aufschriften  darauf hingewiesen werden. Leider kann man diese vom ersten Rang aus nicht mehr vollständig lesen, aber vielleicht sitzen dort ohnehin Leute die die Intentionen der Regisseurin im Voraus erahnen. Der Schöpfer des Bühnenbildes bleibe ungenannt, es gibt nämlich außer grauen Wänden keines. Im Tabarro bleibt das eintönige Arbeitsleid der Schiffer und Löscher uninszeniert, dahinstolpernde Gestalten im Hintergrund sind da zuwenig. Michele schneidet sich, nachdem er seinen Nebenbuhler erfolgreich beseitigt hat, die Kehle durch. Offenbar begreift er, dass er auch seine Ehe zerstört hat. Auch Suor Angelica endet ungewöhnlich: Die Fürstin Tante hat den Tod von Angelicas Sohn nur vorgetäuscht und will ihn ihr zuführen. Doch da ist sie schon tot. Das ist sicher besser als die vorgesehenen Himmelsvisionen. Vollkommen daneben geht es dann beim Gianni Schicchi. Die Schilderung einer geldgierigen, hochnäsigen Familie geht vollkommen ins Leere, wenn alle für den Karneval kostümiert sind. Wer keinen Humor hat, sollte keine Komödie inszenieren. Witz hat mit Überraschung zu tun; davon war nichts zu sehen. Michael Volle als Michele und Anja Kampe als Giorgetta haben in der ersten Oper packendes Theater gezeigt, auch Joshua Guerrero konnte als Luigi noch mithalten. Eleonora Buratto hatte es als Angelica viel schwerer, weil die Typen der anderen Nonnen kaum herausgearbeitet wurden. Dass die individuellen Charaktere im Chor untergingen, widerspricht den Absichten Puccinis, der die Atmosphäre eines Damenstiftes ja bei Besuchen bei seiner Schwester akribisch studiert hatte. Erst Michaela Schuster als Fürstin Tante forderte die Buratto heraus. Das war packend. Monika Bohinec war als Äbtissin verlässlich, aus Patricia Nolz wird wohl kaum eine strenge Novizinnenmeisterin. Die Atheistin Gürbaca war offenbar noch nie in einem Kloster. Den Gianni Schicchi beherrschte natürlich der Erzkomödiant Ambrogio Maestri in der Titelrolle. Doch auch er konnte sich in der Karnevalstimmung nicht zu echter Komik entfalten. Die Lauretta von Serena Säenz hat schlanke Beine und eine ebenso schlanke Stimme. Der Szenenapplaus nach ihrem Schlager verebbte rasch. Bogdan Volkov konnte sich als Rinuccio, wie vorgesehen, nicht durchsetzen. Nach dem abschließenden Liebesduett muss er schnell zur Sache kommen. Das irritiert den Titelhelden bei seiner Schlussansprache. Unser hervorragendes Ensemble hat man schon pointierter gesehen und gehört.

Das Trittico dürfte nicht zu den Lieblingsopern von Philippe Jordan gehören. Den  atmosphärischen und witzigen Stellen dieser Meisterpartitur hat er wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Auch die Wiener Philharmoniker konnten gegen diese Regie nicht anspielen.

Das Publikum belohnte die Sänger und Philippe Jordan mit herzlichem Applaus. Das Regieteam wurde energisch ausgebuht. Der Stehplatz erreichte mühsam eine zweite Beifallsrunde vor leerem Saal.

 

Wertnote: 7,0