Rezensionen

Roméo et Juliette.

26. Februar 2024, 16:19 Uhr

Roméo et Juliette: Auf der Leinwand vergrößert: Mélissa Petit (Juliette) Auf der Bühne: Julien Behr (Roméo), Mélissa Petit (Juliette)
© Monika Rittershaus

Gestern Abend (23.2.2024) hatte Im Museumsquartier Charles Gounods „Roméo et Juliette“ Premiere. Der radio klassik Stephansdom Opernexperte Richard Schmitz berichtet.

Die Oper spielt nicht in Verona im 14.Jahrhundert sondern in Hollywood in den 90er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Während der Ouvertüre beklagen die Familien der Filmproduzenten Capulet und Montague den Tod von Roméo und Juliette. Die Handlung wird also als Rückblick erzählt.

Juliette möchte nicht Schauspielerin bleiben sondern lieber Regie führen. Die Regisseurin Marie-Eve Signeyrole arbeitet Parallelen zur amerikanischen Filmregisseurin Sofia Coppola heraus: Juliette als sich emanzipierende junge 18-jährige. In zahlreichen Videoprojektionen sehen wir die hektische, erotische Atmosphäre der Hauptstadt der Filmproduktion. Anfangs weiß Juliette noch nicht genau, welche erotische Vorlieben sie hat. In der romantischen Liebe zu Roméo sieht sie die Gelegenheit, aus ihrer bisherigen Bestimmung zur Schauspielerin auszubrechen. Hinter der Kamera zu stehen, scheint ihr verlockender.

Das gibt Arris Dzẽrve Gelegenheit die Videotechnik bei jeder möglichen und unmöglichen Gelegenheit einzusetzen: Live-Projektionen der Sänger und Sängerinnen und die Duellszenen als Road-Runner Wettkämpfe bieten den Zusehern viel zum Schauen. Trotzdem kommt die Intention nicht wirklich zu tragen, man ist eher verwirrt von diesen unterschiedlichen Bildern.

Die sensible Musik von Charles Gounod kann auch nicht für Spannung sorgen. Kirill Karabits kann das ORF Radio-Symphonieorchester Wien nicht zu differenzierter Gestaltung animieren. Eine ordentliche Kapellmeisterleistung, aber nicht mehr. Warum in manchen Ländern Gounods „Roméo et Juliette“ beliebter ist, als sein „Faust“, war gestern Abend nicht erkennbar. Der Arnold Schoenberg Chor brilliert in hübschen zeitgemäßen Kostümen. Mélissa Petit und Julien Behr singen die Titelpartien sicher, können sich aber kaum entfalten. Mitgefühl für das schreckliche Schicksal der beiden Jugendlichen kommt kaum auf. Bruder Laurent kann nicht verhehlen, dass er früher öfter im Bett von Juliette gelandet ist. Daniel Mirosław singt das mit Anstand. Svetlina Stoyanova muss das Ständchen des Stéphano zwischen fahrenden Autos singen. Brett Polegato gestaltet verlässlich den Vater Capulet. Die übrigen Solistinnen und Solisten sind rollendeckend besetzt.

Das Publikum war mit Szenenapplaus sparsam und nach dem ersten Teil nur zu kurzem Applaus bereit. Die Einfügung der Hochzeitsszene hat den zweiten, ohnehin schon langatmigen Teil nicht spannender gemacht. Am Schluss wurde den Sängerinnen und Sängern zugejubelt. Die Zustimmung für das Regie-Team war mit deutlichen Buhrufen durchsetzt.

Wertnote: 6,8/10 Punkten