CD der Woche

Stille Lieder

18. März 2023, 07:30 Uhr

Interpreten: Konstantin Krimmel, Hélène Grimaud
Label: DG
EAN: 0028948864104

Valentin Silvestrov gehört zu den bedeutendsten ukrainischen Komponisten der Gegenwart. Aufgrund seines avantgardistischen Zugangs zur Musik anfangs von der er offiziellen Kulturpolitik der Sowjetunion geschmäht, hat er ab den 1970er Jahren einen neuen musikalischen Weg eingeschlagen. Silvestrov entdeckte für sich die sogenannte „Neo-Romantik“, deren Stilistik auch seine Silent Songs der Jahre 1974-77 zuzuordnen sind. Bei der Deutschen Grammophon ist eine Auswahl daraus kürzlich erschienen. Michael Gmasz verrät auch heute wieder mehr über unsere CD der Woche.

„Das kompositionstechnische Rüstzeug arbeitet hier im Geheimen, Unsichtbaren, Unhörbaren.“ So charakterisiert der Komponist Vanlentin Silvestrov selbst seine „recht einfachen“ Stillen Lieder aus den 70er Jahren. Und doch ist hier gar nichts im Geheimen und Unsichtbaren. Ganz im Gegenteil sind sämtliche Ausführungshinweise bis ins kleineste Detail ausgearbeitet. „Ich finde die Musik sehr anrührend in ihrer Aufrichtigkeit und Transparenz. Sie ist sehr poetisch und versucht nie, etwas zu sein, das sie nicht ist.“ Schreibt die Pianistin Hélène Grimaud im Beiheft ihrer neuen CD. Sie hat 20 Jahre nach dem idealen Sänger-Partner gesucht, um diese Lieder aufzuführen, und diesen schlussendlich im Bariton Konstantin Krimmel, dem ersten Gewinner des Haydn Wettbewerbes in Rohrau 2018, gefunden. Zusätzlich haben die tragischen Umstände des Krieges in der Ukraine dafür gesorgt, dass der Komponist Sivestrov bei der Aufführung und auch Aufnahme seiner Stillen Lieder anwesend war, weil er wenige Monate zuvor unter dramatischen Umständen aus Kiew nach Berlin geflohen war.

Die Ausgeglichenheit zwischen Singstimme und Klavier ist für Vanlentin Silvestrov von großer Bedeutung. Eine Ausgeglichenheit, die hier wunderbar funktioniert. Der profunde, aber klare Bariton von Konstantin Krimmel, mit markanter russischer und auch ukrainischer Diktion, passt wunderbar zu den lyrischen Liedern und verleiht diesen, auch wenn man, wie ich, die Texte nicht versteht, eine poetische Qualität, die den Texten von Puschkin, Baratynsky, Schewtschenko aber auch Keats und Shelley innewohnt. Traurig schön klingt dazu oft die Klavierbegleitung von Hélène Grimaud. Lieder aus einer anderen und für eine hoffentlich wieder bessere Zeit. (mg)