Rezensionen

West Side Story in Mörbisch.

9. Juli 2021, 08:20 Uhr

100 Jahre Burgenland und zum ersten Mal das Musical West Side Story auf der größten Operettenfreiluftbühne der Welt. Das lockte viele Premierenbesucherinnen und -besucher nach Mörbisch; gespannt auf eine Produktion, die Corona bedingt zwei Jahre warten musste und neugierig auf den Schlagabtausch des neuen Generalintendanten Alfons Haider und den noch amtierenden Künstlerischen Direktor Peter Edelmann. Der war dann tatsächlich mit ziemlich deutlichen Worten unüberhörbar – nicht Somewhere – sondern vor Publikum. Musikchefin Ursula Magnes berichtet aus Mörbisch.

Das Wetter spielte wunderbar mit – die Gelsenmittel mischten sich mit allerlei Deodorants in der Nase – die Hitze war groß, aber verkraftbar. Eine gute, dankbare und angenehme Stimmung in Mörbisch. Mit der Zauberflöte unter den Musicals steht diesen Sommer auch „der“ Musical-Klassiker West Side Story auf dem Programm. Nochdazu wenn Werner Sobotka inszeniert, dem es am liebsten ist, wenn man den Regisseur nicht merkt wie er immer wieder betont. Sobotka hat das Stück um den Romeo und Julia-Stoff in der New Yorker Westside wunderbar klar und schön inszeniert. So wie es von einem kreativen Dreamteam ersonnen wurde und gerade deshalb zeitlos. Das Feuerwerk nach dem tragischen Ende und der leisen Hoffnung, dass es irgendwann besser werden könnte, irritiert dann doch etwas. Gerade noch sind drei Menschen auf der Bühne völlig sinnlos gestorben. Das schwingt in dieser Inszenierung doch länger nach als bis zum Erreichen des Parkplatzes. Ein gewisser Verismo macht sich breit. Und man denkt weit über Rust darüber nach, warum das so sein muss.

Der Künstlerische Direktor Peter Edelmann schlüpft selbst in die Rolle des unsympathischen Lieutenant Schrank und zeigt sein komödiantisches Talent als Gladhand, der versucht, die Jets und Sharks irgendwie miteinander auskommen zu lassen. Vergebens, das Unglück nimmt seinen Lauf. Nicht in diesem, in einem anderen Leben, irgendwo, irgendwann soll es besser sein. Diese Botschaft singt traumverloren Anybody Natalie Rossetti auf der Mauer der Straße, im Hintergrund der Neusiedlersee und die riesige Freiheitsstatue.

Die Hauptrollen sind wunderbar typengerecht besetzt und bringen wie von Leonard Bernstein gewünscht Opernstimmen: Allen voran Paul Schweinester als Tony und Andreja Zidarić als Maria. Der gebürtige Burgenländer Paul Csitkovics gibt einen schneidig selbstbewussten Bernardo, Fin Holzwart seinen Gegenspieler Riff und Tamara Pascual als Anita treibt die Handlung immer wieder Bühnen präsent voran. Das vor allem auch in den deutschen Dialogen von Frank Thannhäuser und Nico Rabenald.

Besonders packend und auf Punkt kommen die getanzten Ensembleszenen. Da hat Choreograf Jonathan Huor tolle Arbeit geleistet. Jede kleinste Bewegung sitzt und erfüllt die Weite dieser Bühne. Die Kostüme von Karin Fritz sitzen ebenso brilliant farbenfroh wie das historische New Yorker Bühnenbild von Walter Vogelweider. Seine fahrbaren Bühnenelemente spielen mit und Regisseur Werner Sobotka nützt das lustvoll aus. Es spielt sich ab, im wahrsten Sinne des Wortes. Dirigent Guido Mancusi hat ein absolut gutes Händchen für die feine Nuancierung der einzelnen Tänze und Musiknummern. Leonard Bernstein steckt da anno 1957 soviel Musik hinein, die andernorts für mehr als 20 Musicals reichen würde. Im Publikum saß auch sein Neffe Michael Bernstein.

Eine seiner ersten Ideen für Mörbisch war für Peter Edelmann die West Side Story. Es wird auch seine letzte sein. Generalintendant Alfons Haider übernimmt das Ruder, ist die Stimme sämtlicher Durchsagen und bringt nächstes Jahr The King and I von Rodgers und Hammerstein. Die Lustige Witwe von Franz Lehár findet sich ab 5. August auf Schloss Tabor in Neuhaus am Klausenbach.

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