Filmmusik Spezial
Regisseur und Komponist John Carpenter.
31. Juli 2024, 20:00 Uhr
John Carpenter lieferte nicht nur die Bilder, die jedem Horrorfilmfan das Blut in den Adern gefrieren lässt, sondern auch den perfekten Soundtrack dazu. In den letzten Jahren verzichtete er sogar darauf, uns diese Bilder selbst vor Augen zu führen, sondern reduzierte sich darauf, nur noch Musik zu komponieren, die uns als Vorlage für unser eigenes Kopfkino dienen soll. Ich möchte Ihnen in meiner heutigen Sendung das Filmmusikschaffen des Regisseurs John Carpenter etwas näherbringen.
Teil 1: Intro & Halloween
John Howard Carpenter wurde in Carthage im US-Bundesstaat New York am 16. Jänner 1948 geboren. Er wuchs in Bowling Green, Kentucky, direkt am Universitätscampus auf und besuchte später selbst die Western Kentucky University, wo sein Vater als Leiter der Musikabteilung tätig war. Carpenter erinnert sich an diese Zeit in einem Interview einmal wie folgt: „Ich bin mit Musik aufgewachsen. Mein Vater hatte einen Doktortitel in Musik. Er war ein Virtuose auf der Geige. Als ich acht Jahre alt war, beschloss mein Vater, dass es ein guter Zeitpunkt wäre, mich zum Geigenunterricht zu schicken. Dabei gab es nur ein Problem. Ich hatte überhaupt kein Talent. Und die Geige ist das schwierigste Instrument, auf dem man gut klingen kann. Sie ist gnadenlos. Unversöhnlich. Wie auch immer. Aber ich machte trotzdem weiter, lernte das Keyboard und die Gitarre. Mein Musikgeschmack tendierte eher zum Rock’n’Roll und ich erlag natürlich den Beatles, als die ihre ersten Alben herausbrachten. Meine Liebe zur Musik hat sich also von Anfang an weiterentwickelt, aber sie war immer ein Teil meines Lebens. In meinem Leben, in meinem Kopf, läuft immer Musik.“
Bereits in den 50er Jahren begann im zarten Kindesalter seine Liebe zum Kino, in das ihn seine Eltern regelmäßig mitnahmen. Prägende Erlebnisse waren damals u.a. die Western von Großmeistern wie John Ford und Howard Hawkes sowie Low Budget Horrorfilme dieser Zeit wie „The Thing from Another World“, den Carpenter viele Jahre später als Remake neu drehen sollte, und Sci-Fi Klassiker wie „Godzilla“ und „Forbidden Planet“, der ihn nachhaltig beeindruckte und zum Komponieren animierte: „Ich erinnere mich noch genau, wie meine Liebe zu diesen Soundtracks und diesem Sound geweckt wurde. Es war ein Film aus dem Jahr 1956 mit dem Titel ‚Forbidden Planet‘, der einen Score hatte, der ausschließlich aus elektronischer Musik bestand. Es gab überhaupt keine Orchestermusik. Damals gab es noch keine Synthesizer, also hat man andere Methoden verwendet. Die Musik kam von den Barrons – ein Ehepaar, das gemeinsam komponiert hat. Ich höre mir diesen Soundtrack immer noch oft an. Er war wirklich einflussreich für mich, vor allem in Verbindung mit den Filmbildern. Dieser Film hat mich in jeder Hinsicht verändert. Nachdem ich den Film gesehen hatte, beschloss ich, dass ich Filmregisseur werden wollte, und der Soundtrack hat mich dazu inspiriert, in diese Richtung zu gehen, was die Musik angeht. Diese Synthesizer haben es mir später ermöglicht, groß und bedrohlich zu klingen, ohne ein Orchester buchen oder selbst ein Instrumentenvirtuose sein zu müssen. Sie waren effektiv.“
Zu einem weiteren frühen prägenden Film für Carpenter wurde der Sci-Fi Klassiker von Jack Arnold „It Came from Outer Space“ nach einem Roman von Ray Bradbury, der ihn schließlich selbst auf den Weg als Regisseur brachte. Dieses Erlebnis beschrieb Carpenter selbst einmal sehr bildlich: „Ich saß ganz weit vorne im Kino, als ein Meteor aus der Leinwand kam und in meinem Gesicht explodierte. Ich sprang auf und rannte in den hinteren Teil des Kinos. Ich dachte, es wäre echt! Ich war ein Kind und erkannte von da an, wie mächtig das Kino sein kann.“
Carpenter begann schon an der High School im Alter von 14 Jahren kurze Horrorfilme mit einer 8mm-Kamera, die ihm sein Vater geschenkt hatte, zu drehen. Hierbei tauchten bereits jene Vorbilder wie Godzilla und andere Horrorgestalten auf, die er kurz zuvor noch auf der großen Kinoleinwand bewundert hatte. Diese frühe Leidenschaft führte Carpenter schließlich nach zwei Abschlüssen in Englisch und Geschichte am heimatlichen Collage zum Filmstudium an der University of Southern California. Das jedoch erst über den Umweg Europa. Carpenter schloss sich nämlich nach seinem Collage Abschluss zunächst als Bassist einer Rock’n’Roll Band an, die 1968 durch Europa tourte. Hier sprach ihn ein Fan auf die Möglichkeit an, eine Filmhochschule zu besuchen – eine Option, die er aus Kentucky nicht kannte, weil es dort keine solche Universität gab. Auf der Suche nach einer passenden Universität wurde er schließlich in Kalifornien fündig. Hier studierte er u.a. mit späteren Regisseuren und Drehbuchautoren wie Dan O‘Bannon, John Milius, Ron Underwood oder Nick Castle, der später in Carpenters Horrorklassiker „Halloween“ in der Cameo Rolle Michael Myers zu sehen war. Zu seinen Lehrern zählten u.a. Regiegrößen wie Orson Welles und George Lucas.
Sein erste semiprofessioneller 8mm-Film „Captain Voyager“, den Carpenter 1969 an der Universität drehte, zeigt bereits früh erste Elemente, die er später dann in seinem Film „Halloween“ knapp zehn Jahre später übernahm. Schon 1970 kam Carpenter erstmals mit den Academy Awards in Berührung, als er für seine Kollaboration mit dem Produzenten und Filmmusikkomponisten John Longenecker für den gemeinsamen Film „The Resurrection of Broncho Billy“ in der Kategorie „Best Live Action Short Film“ ausgezeichnet wurde. Zeit seines Lebens unangepasst, verließ Carpenter jedoch im letzten Semester die Universität, um seinen ersten großen Kinofilm zu drehen. 1974 brachte er mit der Sci-Fi Komödie „Dark Star“, die er gemeinsam mit seinem Freund Dan O’Bannon, der später das Drehbuch für einen weiteren Horrorklassiker „Alien“ schreiben sollte, sein Kinodebüt auf die Leinwand. Da Geld knapp war und nicht dafür reichte, um einen Komponisten zu engagieren, übernahm Carpenter diese Agenden gleich selbst mit. So begann schließlich Carpenters Parallelwelt als Regisseur, Drehbuchautor, Produzent und Filmmusikkomponist eher per Zufall als durch akademische Ausbildung. Sein Partner O’Bannon übernahm bei diesem Film außerdem die Special Effects, was in weiterer Folge dazu führte, dass ihn George Lucas später für „Star Wars“ engagierte. Was als kleines Projekt begann, sollte sich für Carpenter und O’Bannon als Türöffner nach Hollywood erweisen.
Zwei Jahre später drehte Carpenter den Film „Assault on Precinct 13“, einen Low Budget Film, der von einem seiner großen Vorbilder Howard Hawkes und dessen Westernklassiker „Rio Bravo“ inspiriert wurde. Abermals komponierte Carpenter den Score für einen seiner Filme selbst. Diesmal unter dem Pseudonym John T. Chance, dem Rollennamen von John Wayne in „Rio Bravo“. In diesem Film arbeitete Carpenter erstmals zusammen mit Debra Hill, die fortan seine ständige künstlerische Begleiterin werden sollte. Bis heute zählt dieser von der Kritik hochgeschätzte Film zu einem der einflussreichtes Low Quality B-Movies der 70er Jahre.
Nach dem spannungsgeladenen TV-Film „Someone´s Watching Me“ kam Carpenter auf den Thriller-Geschmack und er machte sich daran, ein weiteres Drehbuch für dieses Genre zu verfassen, für das er zunächst keinen Abnehmer fand. Der renommierte Regisseur Irvin Kershner wurde jedoch schließlich auf dieses Skript aufmerksam gemacht und es führte mit einigen Adaptionen schließlich zu einem Kultklassikern. Mit „Eyes of Laura Mars“ in der Titelrolle mit Faye Dunnaway an der Seite von Tommy Lee Jones gelang Carpenter als Drehbuch Co-Autor sein erstes großes Karriere Highlight. Der große Durchbruch als Regisseur sollte jedoch erst 1978 folgen.
Mit dem Horror Schocker „Halloween“ setzt Carpenter eine neue bis dato noch nicht dagewesene Benchmark. „Halloween“ gilt als Begründer des Horror Subgenres „Slasher Movie“, das nicht zuletzt auch durch den effektvollen Einsatz von Carpenters Filmmusik zurecht als Meilenstein der Filmgeschickte angesehen werden kann. Wie es zu dem Film überhaupt kam, erzählte der Regisseur einmal in einem Interview: "Echte krasse Ausbeutung. Ich beschloss, einen Film zu machen, den ich als Kind gerne gesehen hätte, voller billiger Tricks wie ein Spukhaus auf einem Jahrmarkt, wo man den Gang entlanggeht und Dinge auf einen zukommen." Bei der Musik ließ sich Carpenter stark von Dario Argentos „Susperia“ und von William Friedkins „The Exorcist“ inspirieren.
Hören sie im nun ersten Musikblock zunächst die beiden Titelthemen aus John Carpenters Filmen „Dark Star“ und „Assault on Precinct 13“, gefolgt von dem Titelthema aus dem Horrorklassiker „Halloween“ sowie „The Shape Stalks Again“ aus „Halloween II“ und „Chariots of Pumpkins“ aus „Halloween III“ – alle neu eingespielt von John Carpenter und deinem Sohn Cody sowie Daniel Davies.
Teil 2: The Fog
Sie hörte zuletzt das Titelthema aus Tommy Lee Wallaces Horrorfilm „Halloween III“ aus dem Jahr 1982, zu dem der John Carpenter die Musik komponierte.
In den 80er Jahren stieg Carpenters kommerzieller Erfolg stetig an. Mit „The Fog – Nebel des Grauens“, den er abermals gemeinsam mit Debra Hill schrieb, verwandelte Carpenter einen nordkalifornischen Leuchtturm, der als Radiostation fungiert, zu einem klaustrophobischen Gefängnis für eine Radiomoderatorin – eindrucksvoll verkörpert von Adrienne Barbeau. Doch was wären diese starken Bilder ohne die dazu passende geisterhafte Musik. Carpenter macht die irrationale Angst vor dem herannahenden Nebel nicht nur spürbar, sondern gleichermaßen auch zu einem schaurigen Hörerlebnis. Man weiß nicht, was auf einen zukommt und eigentlich auch nicht, wovor man sich fürchtet, aber man ahnt Schreckliches. Mit dieser grandiosen Bild-Ton-Montage nimmt Carpenter als Regisseur und Komponist gleichermaßen Anleihen bei Alfred Hitchcock und Bernhard Herrmann, auch wenn das musikalische Ergebnis in andere Dimensionen vorstößt.
Mit „The Fog“ gelang Carpenter, der mit der ersten Rohschnittfassung gar nicht zufrieden war und lange am finalen Schnitt bastelte, ein großer Erfolg an den Kinokassen. Horrorfilme waren gerade sehr in Mode und Carpenter wusste, wie er sein Publikum effektvoll bei der Stange halten konnte. 1981 folgte mit „Escape from New York“ aber zunächst einmal ein weiteres Sci-Fi Abenteuer mit einigen von Carpenters üblichen verdächtigen Kollaborateuren wie Kurt Russell und Donald Pleasence, das ebenfalls ein großer Erfolg werden sollte.
Mit seinem nächsten Film „The Thing“ setzte Carpenter abermals ein Ausrufezeichen. Diesmal auf dem Gebiet der Special Effects, für die er Rob Bottin und Albert Whitlock engagierte. Für den Originalsoundtrack konnte er keinen Geringeren als Ennio Morricone gewinnen und das kam so: Carpenter wünschte sich für „The Thing“ einen europäischen musikalischen Ansatz. Er flog nach Rom, um mit Morricone zu sprechen und ihn zu überzeugen, den Auftrag anzunehmen. Als Morricone dann nach Los Angeles flog, um die Partitur aufzunehmen, hatte er bereits ein Tonband mit einer Reihe von Synthesizer Musik entwickelt, da er nicht wusste, welche Art von Partitur Carpenter wollte. Morricone schrieb eine komplett separate Orchester- und Synthesizer Musik sowie eine kombinierte Partitur, von der er wusste, dass Carpenter sie bevorzugte.
Carpenter wählte ein Stück aus, das seinen eigenen Partituren sehr ähnlich war und das zum Hauptthema des Films wurde, und spielte Morricone die Partitur von „Escape from New York“ als Beispiel vor. Morricone unternahm mehrere weitere Versuche, um die Partitur näher an Carpenters eigenen Musikstil heranzuführen. Insgesamt produzierte Morricone eine etwa einstündige Partitur, die weitgehend ungenutzt blieb, aber später als Teil des Soundtracks zum Film veröffentlicht wurde. Carpenter und sein langjähriger Mitarbeiter Alan Howarth entwickelten dann getrennt voneinander einige Synthie-Stücke, die im Film verwendet wurden. Morricone erinnerte sich später einmal wie folgt: „Ich habe Carpenter gefragt, als er mit einem Assistenten einige elektronische Musikstücke für den Film vorbereitete: ‚Warum hast du mich angerufen, wenn du es selbst machen willst?‘ Er überraschte mich und sagte: ‚Ich bin mit deiner Musik verheiratet. Deshalb habe ich dich angerufen.‘ Als er mir später den Film zeigte, als ich die Musik schrieb, tauschten wir keine mehr Ideen aus. Er rannte weg, schämte sich fast, mir den Film zu zeigen. Ich habe dann die Musik geschrieben.“ Von Carpenters Seite hört sich die Geschichte wie folgt an: „Morricone machte alle Orchestrierungen und nahm für mich 20 Minuten Musik auf, die ich verwenden konnte, wo immer ich wollte, ohne jedoch Filmmaterial zu sehen. Ich schnitt seine Musik in den Film und stellte fest, dass es Stellen gab, meist Szenen mit Spannung, an denen seine Musik nicht funktionieren würde. Ich bin dann heimlich losgerannt und habe in ein paar Tagen ein paar Stücke aufgenommen, die ich verwenden wollte. Meine Stücke waren sehr einfache elektronische Stücke – es waren fast Töne. Es war nicht wirklich Musik, sondern nur Hintergrundgeräusche, etwas, das man heute vielleicht sogar als Soundeffekte bezeichnen würde.“
Auch wenn sich die Zusammenarbeit, was die musikalischen Anforderungen betraf, schwierig gestaltete, ist das Soundtrack zu „The Thing“ bis heute einer der eindrucksvollsten Beispiele dafür, wie Filmmusik dazu beitragen kann, selbst zunächst harmlos wirkende Szenen gespenstisch und bedrohlich erscheinen zu lassen.
Hören sie im nun folgende Musikblock zunächst das Titelthema und „The Fog Rolls in“ aus dem Originalsoundtrack zu „The Fog“. Danach folgen der Titeltrack aus „Escape from New York“ und Ennio Morricones Titeltrack aus „The Thing“ – eingespielt von John und Cody Carpenter sowie Daniel Davies.
Teil 3: Low Budget
Sie hörten zuletzt einen Ausschnitt aus John Carpenters Horrorfilm „The Thing“, der zwar kommerziell gesehen nicht mit Steven Spielbergs familienfreundlichen Kinofilm „E.T.“, der zu selben Zeit in den Kinos lief, konkurrieren konnte, aber dennoch bis heute zu einem der langlebigstes seines Genres zählt.
Trotzdem führte der mäßige Erfolg 1984 dazu, dass Carpenter als geplanter Regisseur des Sci-Fi Horrorfilms „Firestarter“ abberufen wurde. Die Universal Studios kauften Carpenter aus seinem Vertrag heraus, obwohl er noch die Option auf weitere Filme besaß. Die Studios empfanden seinen Stil als zu voyeuristisch und unpassend für den damals vorherrschenden Mainstream Geschmack. Wie die Zeit jedoch beweist, hat „The Thing“ viele seiner Horror Movie Mitstreiter überlebt und genießt in den letzten Jahren eine Renaissance – nicht zuletzt auch aufgrund der einprägsamen Musik.
Aufgrund der mäßigen Auftragslage nahm Carpenter schließlich ein Filmprojekt an, das ihn ursprünglich nicht so ganz überzeugt hatte. Für seinen Film „Christine“ adaptierte er 1983 erstmals einen Roman von Stephen King, in dem ein Highschool Nerd seiner tödlichen Obsession mit einem Auto, das Superkräfte besitzt, erliegt. Der Film kam beim Publikum wider Erwarten besser an als gedacht. Daraufhin engagierte ihn Schauspieler-Produzent Michael Douglas für seinen nächsten Film „Starman“, weil er von Carpenters Qualität als Action Regisseur mit dem Hang zu straken Emotionen überzeugt war. Und Douglas sollte damit ein gutes Händchen beweisen, denn der Film erhielt sowohl Oscar und Golden Globe Nominierungen für Jeff Bridges in der Titelrolle und eine Golden Globe Nominierung für Jack Nitzsche in der Kategorie „Best Musical Score“.
Dieser Erfolg führte schließlich dazu, dass man Carpenter für einen Fantasy Film für Kinder in Betracht zog. Was für eine Wendung: Vom Horrorspezialisten zum Kinderfilmregisseur. Das Projekt „Santa Claus – The Movie“ scheiterte aber dann an Carpenters überzogenen künstlerischen und finanziellen Forderungen. Vielleichte spielte Carpenter aber auch nur va banque, weil er sowie keine wirkliche Lust hatte, in dieses Filmgenre einzutauchen.
Die kommenden Jahre waren geprägt von finanziellen Misserfolgen – wie u.a. mit dem Film „Big Trouble in Little China“ – und es wurde für Carpenter immer schwieriger seine Filme überhaupt finanziert zu bekommen, so dass er sich wieder dazu entschloss zu Low Budget Projekte zurückzukehren. So entstanden 1987 und 1988 die beiden Filme „Prince of Darkness“ und „They Live“, zu denen Carpenter abermals die Filmmusik komponierte und die sich im Laufe der Jahre als veritable Kultfilme etablierten, obwohl sie vom Massenpublikum kaum wahrgenommen wurden.
Hören sie im kommenden Musikblock nun das Titelthemen aus „Christine“ sowie Jack Nitzsches preisgekrönte Komposition „Starman“. Danach folgen die Themen aus „Big Trouble in Little China“, „Prince of Darkness“ und „They Live“ – allesamt eingespielt von John und Cody Carpenter sowie Daniel Davies.
Teil 4: Lost Themes
Sie hörten zuletzt einen Ausschnitt aus John Carpenters Horror Movie „They Live“.
In den 90er Jahren erging es Carpenter mit seinen Filmen kommerziell kaum besser. Filme wie „Memoires of an Invisible Man“, „Village of the Damned”, “In the Mouth of Madness”
oder „Vampires“ konnten das Publikum nicht überzeugen und erwiesen sich an den Kinokassen als Flop. Vielleicht war es auch nicht mehr die richtige Zeit für diese Art von Filmen bzw. ein Genre, das Carpenter noch in den 80er Jahren nachhaltig mitgeprägt hatte. Den finanziellen Tiefpunkt erreichte Carpenter dann mit „Ghosts of Mars“ 2001, der ihn in weiterer Folge in den Bankrott trieb. 2010 unternahm er nochmals mit „The Ward“ einen Versuch, sich dem Mainstream anzupassen, was leider abermals nicht gelang. Und so widmete sich Carpenter zunehmend mehr seiner zweiten großen lebenslange Leidenschaft, dem Komponieren. Unter dem Titel „Lost Themes“ brachte er bis zum heutigen Tag bereits vier Compilations mit imaginärer Filmmusik heraus, die leider nur erahnen lassen, welche filmischen Bilder Carpenter dazu in seinem Kopf hat. Carpenter komponiert eben nun die Musik zu jenen Filmen, die man nicht mehr bereit ist, ihm zu finanzieren. Somit liefert er uns den Soundtrack zu unserem persönlichen Kino im Kopf. Mittlerweile tritt Carpenter regelmäßig mit diesen Kompositionen live auf und engagiert sich seit einigen Jahren auch auf dem Videospielsektor.
Hören sie im nun abschließenden Block zunächst das rockige Titelthema aus „In the Mouth of Madness“ und den elegischen Track „Santiago“ aus dem Film „Vampires. Danach folgen zum Abschluss noch vier Tracks mit den Titeln „Abyss“, „Bela Lugosi“, „Skeleton“ und „Guillotin“ aus John Carpenters Kompositionen „Lost Themes I-IV“ – abermals eingespielt von John und Cody Carpenter sowie Daniel Davies.
Outro
Sie hörten zuletzt den Track „Guillotin“ aus John Carpenters aktuellem Album „Lost Themes IV – Noir“.
Mit seiner Filmtrilogie „Halloween“, bei der Carpenter jedoch nur beim ersten Teil selbst Regie führte, setzte er 1978 einen Meilenstein des Horrorgenres. Für die beiden Folgefilme in der Regie von Tommy Lee Wallace komponierte er ebenfalls die beiden Scores. 2018 bis 2022 kehrte er für David Gordon Greens Trilogie „Halloween“, „Halloween Kills“ und „Halloween Ends“ noch einmal als Komponist auf die große Filmmusikbühne zurück. Auf die Frage, wie es ihm dabei gehe, diesmal nur die Musik komponiert und nicht die Regie geführt zu haben, gab Carpenter zu Protokoll: „Ich fühle mich super. Und damit meine ich: Das damals 1978 war mein Film. Ich habe die Regie geführt. Jetzt ist es Gordon Greens Film und es sind seine Ideen. Ich unterstütze seine Ideen. Ich habe keine Besitzansprüche oder Gefühle, die mich umtreiben. Alles super. Jeder will von mir wissen: ‚Was denkst du über den Film? Bist du verärgert?‘ Nein. Da kümmere ich mich gar nicht drum. Ich mache meinen Job.“
John Carpenter zählt zu einem der ersten Filmmusikkomponisten, die sich neben Vangelis, Giorgio Moroder und Tangerine Dream mit dem Synthesizer Klang auseinandersetzten. Bei vielen seiner Kompositionen wurde er von dem Musiker Alan Howard unterstützt, der sich dabei mehr um die technischen Aspekte der Aufnahmen kümmerte und Carpenter die Freiheit verschaffte, sich rein auf Komponieren zu fokussieren. Zahlreiche Filmmusikkomponisten wie Hans Zimmer berufen sich heute noch auf Carpenters Soundtracks und Regisseure wie Quentin Tarantino, James Cameron, Danny Boyle, Guillermo del Toro oder Roberto Rodriguez nehmen offen Anleihe bei Carpenters Film Oeuvre. Wenn am kommenden Halloween wieder Kinder an ihre Türe klopfen und „Süßes oder Saures“ rufen, spielen sie ihnen doch John Carpenters gleichnamige Filmmusik vor. Mal schauen, wer dann früher die Flucht ergreift.
Gerald Stocker bedankt sich für Ihre Aufmerksamkeit und wünscht Ihnen weiterhin schöne Stunden mit dem Programm von radio klassik Stephansdom.
© Gerald C. Stocker