Rezensionen

Blumen vom König.

25. Mai 2023, 08:20 Uhr

Schlussapplaus für eine konzertante Tosca in der Grieg-Halle in Bergen. Im roten Kleid: Lise Davidsen.
(c) MuSa

Gestern wurde im norwegischen Bergen das 70. Bergen International Festival eröffnet. Mit einer konzertanten Aufführung der Oper Tosca von Giacomo Puccini. In der ersten Reihe der Grieg-Halle applaudierte auch Königin Sonja und König Harald V. Mehr über diese besondere Tosca berichtet unsere Musikchefin Ursula Magnes.

Einen schöne Guten Morgen aus Bergen, wo die Tage schon sehr lange sind. Am Ende der gestrigen Tosca-Vorstellung um ca. 21.30 Uhr war es noch sehr hell und angenehm. Das Stück selbst bleibt ein dunkles, ein echter Krimi. Puccini komponiert so wirkungsvoll, dass das auch ohne Szene unmissverständlich im Publikum ankommt. Freilich hat man eine Sängerin und Sänger wie gestern Abend zur Verfügung, gelingt die Übung noch überzeugender. Die norwegische Sopranistin Lise Davidsen sang zum erstenmal auf einer Bühne die Rolle der Tosca. Wer ihre Sieglinde gehört hat, war doppelt neugierig wie sie das italienische Fach meistern würde. Mit Bravour und großer, sehr großer Stimme. Ihr „Vissi d’arte, vissi d‘Amore“ gelingt ihr famos. Floria Toscas Rückschau auf ihre Leben im 2. Akt bevor die Katastrophe mit Polizeichef Scarpia losbricht. Ist es doch eine Arie, auf die alle im Publikum warten. Mit Spannung erwartete man auch den britisch-italienischen Tenor Freddie de Tommaso. Er war in Wien unter anderem Asmik Grigorians Pinkerton in „Madame Butterfly“. Auch Freddie de Tommaso verfügt über eine große, kräftige Tenorstimme. Selbst ohne Kostüme und Szene erschien er mehr als leidenschaftlicher charmierender Pizza-Verkäufer denn als Maler Cavaradossi. Beziehungsweise das Klischée eines italienischen Machos. Aber wer weiß, vielleicht hatte auch der einen Nebenjob. Darstellerisches Zentrum dieser konzertanten Tosca war einmal mehr Sir Bryn Terfel. Er hat die Bösartigkeit, die politische Machtlust und den Eros dieser Puccini-Figur in der rechten Faust, die er immer wieder genüsslich ballt und damit gleich das ganze Orchester miteinschließt. Das möchte man so noch oft hören. Auch der Spiegel der Machtpolitik schadet nicht.

Nächstes Jahr ist ein Puccini-Jahr. 1924 starb der Komponist mit Leidenschaft für Autos in Brüssel. Die gestrige konzertante Aufführung seiner Oper Tosca legte seine orchestrale Meisterschaft auch optisch vor das Auge. Alle drei wesentlichen Figuren: Polizeichef Scarpia, die Sängerin Floria Tosca und der Maler Mario Cavaradossi sind musikalisch schon vor ihrem Auftreten im Ohr des Publikums und wirken thematisch in Klangmotiven nach, wenn sie schon längst nicht mehr am Wort sind. Das ist Puccini

Auch das Bergen Filharmoniske Orchester unter seinem Chefdirigenten Edward Gardner sowie die drei Chöre zeigten ihr großes Können. Das Publikum in der Grieg-Halle war zurecht begeistert und Lise Davidsen erhielt am Ende königliche Blumen. Schön und wohltuend zu sehen, wenn die Spitze eines Staates Blumen für Kunst und Künstler überreicht.

 

© Ursula Magnes