Rezensionen

Der fliegende Holländer.

18. November 2021, 08:20 Uhr

6 Jahre war der Fliegende Holländer von Richard Wagner nicht an der Wiener Staatsoper zu sehen. Gestern gab es die Wiederaufnahme der Inszenierung von Christine Mielitz. Am Pult jener Wiener Philharmoniker, die sich gerade nicht auf der großen Asien-Tournee befinden, stand Bertrand de Billy. Musikchefin Ursula Magnes berichtet über einen Abend mit drei Umbesetzungen.

Der Herr Direktor tat zu Beginn der Vorstellung drei Umbesetzungen kund und dass man ab Freitag nur mit 2 G plus in die Oper darf: Geimpft oder Genesen plus PCR-Test mit maximaler 48-stündiger Gültigkeit. Das führte zu leichten Buhs im Publikum, das im Parterre schütter besetzt war zu einen. Zum anderen mit doch auffallend vielen Jugendlichen gefüllt. Wenn sie die Liebe zur Oper durch diesen Abend gepackt hat, würde mich das positiv herzhaft überraschen und freuen.

Drei Umbesetzungen retteten den Abend. Ricarda Merbeth gab die Senta, Jörg Schneider ihren glücklosen Erik und Daniel Jenz den Steuermann. Franz-Josef Selig als Daland und Bryn Terfel als Holländer mischten die Szene auf. Auch der Chor von Holländers halbtoten Mannen war richtig gruselig inszeniert. Das Bühnenbild von Stefan Mayer zeigt es an: dieser Holländer und sein Schiff sind immer präsent. Auch wenn er nicht da ist – muss er doch unerlöst über die Weltenmeere segeln. Im angedeuteten Rumpf spinnen die Mädchen, singen die Männer des Staatsopernchores das berühmte „Steuermann lass die Wacht“. Das tut er dann auch. Trotzdem Holländer Senta frei gibt, geht sie in den eigens gesähten Flammen unter. Lieber tot als ein Leben mit Erik.

Richard Wagners Musik bringt das alles auch ohne Worte zur Sprache. Auffallend dass der Waliser Bryn Terfel das schönste und deutlichste Deutsch singt. Auch wenn er sich bei mancher Höhe etwas aufschwingen muss, bekommt er den meisten Applaus. Zu recht – der Schmelz seiner Stimme und die ebensolche Kraft sind einzigartig. Franz-Josef Selig gibt den berechnenden Daland und erinnerte mich gestern an den Faninal im Rosenkavalier. Väter verschachern ihre Töchter… Jörg Schneider tat als Erik sein Bestes. Daniel Jenz Tenor als Steuermann ließ aufhorchen. Bertrand de Billy ließ das Orchester spielen, jedoch Kernstellen der Partitur für meinen Geschmack etwas zu sehr im Langsamen verweilen. Trotzdem ein Genuss dem Orchester zu lauschen, das an den ersten Positionen der Bläser mit den ganz Jungen besetzt war. Der Staatsopernchor zeigte auf, dass er ordentlich aufs Gas steigen kann, ohne an Façon zu verlieren. Immer wieder schön ein Werk zu hören und Neues zu entdecken; etwa die eindeutigen Anleihen die Wagner bei Ludwig van Beethovens Fidelio und seiner 9. Symphonie nimmt. Und das ist doch das Schönste an Repertoire-Vorstellungen. Das Besondere im Alltäglichen, auf das wir gut aufpassen müssen, dass es uns nicht unbemerkt abhanden kommt.

© Wiener Staatsoper / Michael Pöhn