Rezensionen

Der Glöckner von Notre Dame.

10. Oktober 2022, 09:25 Uhr

Johan Persson

Das Musical Der Glöckner von Notre-Dame beruht auf dem schillernden Roman von Victor Hugo und Walt Disneys Zeichentrickverfilmung von 1996. Premiere war am Samstag, den 8. Oktober im Ronacher in Wien. Die Musik stammt vom achtfachen Oscar Preisträger Alan Menken, der kürzlich den Max Steiner Preis im Rahmen des Konzertes "Hollywood in Vienna" entgegennahm. Die deutschen Texte von Michael Kunze, die gekonnte Regie von Scott Schwartz.

Musicalintendant der Vereinigten Bühnen Wien Christian Struppek erzählte im Vorfeld sinngemäß: ein Musical muss Tiefgang haben, aber auch eine Show bieten. Und das war hier eindeutig der Fall – episch und bombastisch der Chor, der zu Beginn die Kathedrale mit Klang füllt und dann auch durch das Stück führt.

Eindringlich die Charaktere:Der missgestaltete Glöckner Quasimodo: er lebt in der Kathedrale Notre Dame, hoch über den Dächern von Paris und nahe den Glocken, die ihn mittlerweile fast taub gemacht haben.  Sein Ziehvater, der Erzdiakon Frollo: er verfolgt die Ausgestoßenen der Gesellschaft und kämpft mit seinen eigenen Dämonen.  Die schöne ZigeunerinEsmeralda: Frollo begehrt sie, sie aber ist dem HauptmannPhoebus zugetan, der am Ende ihretwegen zum Ausgestoßenen wird.  Und auch Quasimodo liebt sie, heimlich und leidenschaftlich.

Düster ist die Stimmung im Turm von Notre Dame, er wird aber immer wieder auch in andere Räumlichkeiten verwandelt, wie etwa beim Narrenfest oder im Wunderhof, dem Versteck der Ausgestoßenen. Näher dem Himmel ist das Gebälk mit den großen Glocken, wo Quasimodo abgeschirmt lebt mit seinen Freunden den Steinfiguren, die immer wieder lebendig werden und mit ihm sprechen. Dort berührt auch Esmeralda sein Herz.

Die Musik Alan Menkens macht alle Farben dieser Geschichte mit vielen Handlungssträngen hörbar – sie ist erst klerikal, dann wieder ausgelassen beim Narrenfest, exotisch bei Esmeraldas Tanz, seelenvoll, wenn Zuneigung spürbar wird und wunderbar entrückt, wenn der Tod naht.  Die Musicalfassung ist dem Roman Victor Hugos näher als der Zeichentrickfilm, der ein Happy End vorgibt. Quasimodos Liebe findet hier erst im Tod Erfüllung.

Es ist ein Abend, der das turbulente Paris des 15. Jahrhunderts auferstehen lässt.  Die Protagonisten sind mitreißend und stimmlich überzeugend, das Ensemble und der Chor eindrucksvoll. Tosender Applaus am Ende der Vorstellung.