Rezensionen

Der Postillon in Erl.

6. Januar 2022, 09:45 Uhr

Die Winterfestspiele Erl stemmen sich mit einem umfangreichen Programm gegen die sich ausbreitende Pandemie und erfreuen das Publikum mit Opernraritäten. Helmut Pitsch berichtet für radio klassik Stephansdom über Le Postillon de Lonjumeau von Adolphe Adam.

Erfrischend lebendig die Liebeskömodie vom Postillon von Lonjumeau bei den Tiroler Festspielen 

Die Tiroler Winterfestspiele stemmen sich mit viel Einsatz gegen die allgegenwärtige Pandemie und belohnen das treue Publikum mit einem hinreissenden äußerst unterhaltsamen Opernabend. Le Postillon de Lonjumeau ist eine der zahlreichen Opern von Alphonse Adam, die zumeist zu Unrecht in Vergessenheit geraten ist. Mit 53 Jahren verstirbt der französische Komponist 1856 in Paris und hinterläßt ein umfangreiches Oeuvre, aus dem nur einige Ballette, wie Giselle oder Le Corsaire auf den Spielplänen erhalten blieben. Richard Wagner war von dessen Musik angetan. Aber auch Alphonse Adam verehrte den deutschen Meister und eine kurze Passage des Lohengrin findet Eingang in diese Opera Comique vom abtrünnigen Liebhaber. Chapelou verläßt seine frischangetraute Ehefrau Madeleine vor der Hochzeitsnacht, um in Paris als Opernsänger Karriere zu machen. Zehn Jahre später gewinnt die verlassene Ehefrau, mittlerweile durch eine Erbschaft reiche Marquise, erneut die Liebe des abtrünnigen Ehemanns. Neuerlich wird geheiratet und sie rettet den angeklagten Bigamisten, indem sie ihre Identität preisgibt.

Der Regisseur Hans Walter Richter und der Bühnen- und Kostümbildner Kaspar Glarner bringen die Geschichte als frisches dynamisches Theater im Theater auf die Bühne des Festspielhauses. Eine drehbare barocke Theaterbühne konzentriert das Geschehen in Guckkastenmanier, bunte prächtige Barockkostüme und eine kluge Personenführung machen das Treiben der handelnden Personen lebendig.

Musikalisch sprüht die Oper von zündenden Melodien, die der Dirigent Beomseok Yi im Graben mit einem engagiert aufspielenden Orchester mit Gespür herzhaft würzt. Er führt Chor und Sänger mit Feingefühl und Sachverstand. Francesco Demuro meistert die anspruchsvolle Titelrolle mit einem höhensicheren strahlenden Tenor. Der Sopran von Monika Buczkowska als raffinierte Ehefrau ist kräftig, hell und schimmert in der Höhe metallen. Der Bassbariton Joel Allison mimt gelungen den Schmied Bijou, der es als Sänger nur zum Choristen schafft und als Gegenspiel Chapelous wenig erfolgreich ist. Viel Aufmerksamkeit gewinnt Gabriel Wanka in der Sprechrolle der Zofe Rose, die der Regisseur zur Auflockerung breit aufstellt und mit einer Tanzeinlage bis zum Spagat erweitert.

Das bestens gestimmte Publikum würdigt begeistert die Leistung aller Beteiligten.