Rezensionen
Die letzte Verschwörung.
26. März 2023, 09:35 Uhr
Gestern fand an der Wiener Volksoper die Welturaufführung der neuen Operette „Die letzte Verschwörung“ von Moritz Eggert statt. Unser Opernexperte Richard Schmitz berichtet.
Es ist ein interessantes Bühnenstück, das auch zum Nachdenken anregt. Es beginnt ganz harmlos in einer Talkshow. Der Moderator Friedrich Quant versucht einen Studiogast, der behauptet, die Erde sei eine Scheibe, bloßzustellen. Der verteidigt seine These; da gerät Friedrich Quant immer mehr in den Sog von Verschwörungstheorien, die dann den ganzen Abend lang abgearbeitet werden. Begonnen wird mit dem Problem von Sein und Schein – Platons Höhlengleichnis findet man auf den letzten Seiten des Programms – die Reptilien als wahre Herrscher der Welt, ritueller Kindesmord in einer Pizzeria, die Illuminaten, der FBI, QAnon als Menschheit first, UFO-Landung, russische Oligarchin, Quants Geliebte Lara stellt sich als androide Verkörperung eines zentralen Systems heraus, Mord und Suizid als endgültige Lösung und noch einige andere Theorien werden zitiert. Am Ende muss Friedrich Quant erkennen, dass alles nur eine Computersimulation gewesen war. Es war für ihn nicht die letzte Verschwörung.
Moritz Eggert hat seinen eigenen Text mit viel Humor vertont und zeitgemäße Zitate eingebaut. Der Vergleich mit Puccini von Lotte de Beer ist aber schon etwas weit hergeholt. Die Musik ist gefällig und in den Tanzszenen der unheimlichen Aluminiumfiguren schmissig. Einen Schlager, den morgen ganz Wien singt, habe ich nicht gefunden. Timothy Fallon überzeugt nicht nur als Talkmaster sondern auch als biederer Familienvater, als Influencer , als Führer einer QAnon-Bewegung und letztlich auch als einer, der unermüdlich nach der oder zumindest einer Wahrheit sucht. Rebecca Nelsen begleitet ihn gekonnt als Lara Lechner, die schließlich zum androiden System wird. Orhan Yildiz gibt den Scheibenvertreter Urban und den FBI Agenten Goodman. Wallis Giunta darf neben der Ehefrau auch die verführerische Oligarchin spielen. Daniel Schmutzhard ist ein sympathischer Kanzler bevor er sich in ein schreckliches Reptil verwandelt. Auch die übrigen Mitwirkenden sind mit Hingabe bei der Sache. Moritz Eggert erklärt selbst die Szenen aus dem Off. Da versteht man die Abfolge besser. Steven Sloane führt Chor und Orchester der Volksoper durch die abwechslungsreiche Partitur. Im Bühnenbild von Christof Hetzer und in Kostümen von Jorine van Beck inszeniert Lotte de Beer professionell mit vielen Video-Projektionen den komplexen Abend. Ob man in einigen Jahren zu dieser Operette nicht doch Musical sagen wird?
Das Publikum reagierte begeistert und feierte alle Mitwirkenden. Ein einzelner Buh-Rufer konnte nichts dazu beitragen, dass dieser nette Abend zum Skandal wird.
Wertnote: 7,8/10 Punkten