Rezensionen
Eine neue Zauberflöte.
28. Januar 2025, 09:41 Uhr
Gestern (27.1.2025) gab es eine Neuinszenierung von Mozarts „Zauberflöte“ an der Wiener Staatsoper. Unser Opernkenner Richard Schmitz war dabei.
Regisseure haben eine riesige Angst davor, dass man ihre Inszenierungen als verstaubt bezeichnen könnte. Da ist man nicht am Puls der Zeit, da ist man nicht fortschrittlich und provokant. Die junge Barbora Horáková hat sich vier Jahre mit der „Zauberflöte“ beschäftigt. Da dürften sich diese Ängste zu einer Neurose ausgewachsen haben. Neurosen bekämpft man, wenn man Viktor Frankl folgt, am besten mit paradoxer Intention. Deshalb verlegt Horáková die Handlung in ein verstaubtes Geisterschloss. Zumindest die Regisseurin ist damit ihre Neurose losgeworden. Das vielschichtige Geschehen kann sich in diesem Bühnenbild staubig aber reibungslos entwickeln. Dass Pamina im Kohlenkeller angekettet gefangen gehalten wird, ist schon übertrieben, aber die Entwicklung der kleinen Prinzessin zur opferbereiten reifen Frau kommt wunderbar heraus. Taminos Emanzipation bleibt da etwas im Hintergrund. Sarastro tritt nicht nur als friedliebender Herrscher in Erscheinung. Er beherrscht ein widersprüchliches Reich mit Sklaven und Prügelstrafe. Die Prüfungen finden schon in reaktionären Schulen statt, da fehlen auch die Züchtigungen mit dem Rohrstaberl nicht. Wenig erschreckend Feuer- und Wasserprobe in Videoprojektionen.
Georg Zeppenfeld hat als Sarastro die nötige Tiefe und überspielt gekonnt seine manchmal haarsträubend antifeministischen Texte. Der Sprecher Jochen Schmeckenbecher wird zum advocatus diaboli aufgewertet und setzt Sarastro gehörig zu. Der Tamino ist bei Julian Prégardien in besten Händen, er singt seine Partie geschmackvoll. Serena Sáenz ist eine beachtliche, auch in den Spitztönen sichere Königin der Nacht. Slavka Zámečníková gestaltet die Pamina zu einer liebenswerten Figur. Ludwig Mittelhammer zeigt mit schöner Stimme die heiteren Seiten des Papageno. Ilia Staple assistiert als Papagena. Die drei Damen in der Schuluniform der Lehrerinnen, Jenni Hietala, Alma Neuhaus und Stephanie Maitland singen verlässlich, ebenso die drei Knaben. Matthäus Schmidlechner macht aus dem bösen Mohren Monostatos einen bösen Menschen, einige Textänderungen im Sinne der political correctness inbegriffen. Das in der Gegenwart spielende Finale brachte auch die Versöhnung Sarastros mit der Königin der Nacht. Ende gut, alles gut.
Da es in diesem verstaubten Ambiente wenig zu sehen gibt, versucht Bertrand de Billy mit zügigen Tempi die Aufmerksamkeit aufrecht zu erhalten. Dem Mozartklang des Staatsopernorchesters tat das keinen Abbruch. Auch der Chor, offenbar der Lehrkörper der Schule, war voll bei der Sache. Bei „der wichtigsten Versammlung unserer Zeit“ knabberten sie in Hosenträgern an Karotten.
Es war wieder ein interessanter Abend, der gezeigt hat, wie schwierig es ist, die meistgespielte Oper des Musiktheaters zu inszenieren. Das Publikum beklatschte alle Schlager und belohnte die Mitwirkenden. Die Buh-Rufe hielten sich in Grenzen.
Wertnote: 7,3/10 Punkten
© Richard Schmitz