CD der Woche

Ersteinspielungen von Hans Gál.

20. Juli 2024, 07:25 Uhr

cpo

CD der Woche / KW 29 / 20. Juli 2024

Interpreten: Reijo Tunkkari, Ostrobothnian Chamber Orchestra, Jan Söderblom
Label: cpo
EAN: 761203562329

Hans Gál erlitt nicht vorstellbare Schicksalsschläge. Die Nationalsozialisten vertrieben ihn aus der deutschsprachigen Heimat und trieben seine Familienmitglieder in den Tod. Der vielseitige Komponist fand Zuflucht in Edinburgh, wo er an der Universität eine Stellung bekam und sich engagierte. In Anlehnung an seinen Lehrer und Förderer Eusebius Mandyczewski bracht Hans Gál seine Einstellung auf den Punkt: „Wer nicht sicher ist, dass er für jede Note, die er schreibt, vor dem Jüngsten Gericht Rechenschaft ablegen kann, sollte gar nicht anfangen.“ Hans Gál war sich seiner Sache sicher. Mehr zur CD der Woche mit vier seiner Werke, davon zwei Ersteinspielungen, von Musikchefin Ursula Magnes.

Die Musik Hans Gáls ist wie ein spannender, höflicher Gesprächspartner. Etwas, das man sich nur wünschen kann, weil keine Selbstverständlichkeit. Seine mitteleuropäische Prägung und die Verwendung einer erweiterten Harmonik sind Merkmale seiner post-Brahms- bzw. post-Strauss-Charakteristik wie es im Österreichischen Musiklexikon zu lesen ist. Mir kommt die Musik Edvard Griegs in den Sinn und die melodiöse Vielfalt eines Antonín Dvořák. Hans Gál beherrschte sein Handwerk und ließ sich selbst in dunkelsten Stunden seines Lebens nicht beirren, nach seiner Überzeugung zu komponieren. Der erfolgreichen jungen Karriere standen die Barbaren der Nationalsozialisten im Wege. Jede Note die heute durch Aufnahmen erklingt, ist eine späte Genugtuung.

Der langjährige Konzertmeister des Ostrobothnian Chamber Orchestra zeigt im Concertino für Violine und Streichorchester op. 52 aus dem Jahr 1939 sein Können. Ein Werk, das unbedingt auf die Spielpläne aller Wiener Orchester gehört. Das Divertimento für kleines Orchester op. 22b und die Musik für Streichorchester op. 73 sind überhaupt Ersteinspielungen. Über 30 Jahre liegen zwischen der Entstehung der beiden Werke; zugegeben, ich würde es mit freiem Ohr nicht erkennen. Hans Gál hatte seinen Stil, der sich in diesen beiden eingespielten Werken nicht merklich veränderte.

Die Aufnahmen entstanden im finnischen Kokkola. Produziert von Hans Gáls Enkel Simon Fox-Gál und mit Noten des Divertimentos op. 22b, die von Hans Gáls Tochter Eva Fox-Gál herausgegeben wurden. Auch der Besuch der Hans Gál website sei herzklich empfohlen. Da geht es tatsächlich um Musik für Generationen. (um)