CD der Woche

forgotten word I wished to say.

10. August 2024, 07:25 Uhr

(c) Sony

CD der Woche / KW 32 / 10. August 2024

Interpreten: Alexei Lubimov, Viktoriia Vitrenko
Label: Sony
EAN: 196588570322

Der Angriffskrieg Russlands gegen Ukraine hat auch den ukrainischen Komponisten Valentin Silvestrov zum Exilanten gemacht. Der mittlerweile 86-jährige Komponist ist von Kiew nach Berlin geflohen und lässt seine Musik sprechen. Sein langjähriger Freund und wohl beste Interpret seiner Werke ist der russische Pianist Alexei Lubimov. Er hat jetzt 5 Klavierstücke überhaupt zum ersten Mal aufgenommen. Zu hören gibt es einiges mehr. Musikchefin Ursula Magnes über die CD der Woche.

Valentin Silvestrov über seine Musik: Die Musik muss so durchsichtig sein, dass man bis auf den Grund sehen kann und dass durch diese Durchsichtigkeit ein Gedicht hindurchschimmert.Dieses innere Bild bietet eine ideale Einladung seiner Musik zu begegnen. Ohne akademische Vorurteile, offen für das Neue in den scheinbar überworfen klingenden Harmonien. Ob es jetzt sie launig betitelte „Kitsch-Musik“ ist oder der wunderbar fließende Vokal-Zyklus für Sopran und Klavier, „Stufen“. Es ist tatsächlich eine Treppe für die Texte russischer Autoren wie Alexander Blok, Alexander Puschkin oder Osip Mandelstam, dessen „Das Wort bleibt ungesagt, ich find’s nicht wieder“ dem Album den Titel gegeben hat: „forgotten word I wished to say“.

Mit Alexei Lubimov hat die Musik von Valentin Silvestrov einen einfühlsamen Interpreten. Die beiden verbindet eine über 50 Jahre dauernde Freundschaft. Rund 10 CDs hat Lubimov schon eingespielt mit der Musik Silvestrovs, und das weltweit. „Diese CD mit Werken, die von fast schmerzhafter Schönheit, ruhigem Licht und spiritueller Tiefe durchdrungen sind, ist eine Art Höhepunkt auf diesem Weg“, erzählt Lubimov.

Auch die ukrainische Sopranistin Viktoriia Vitrenko verleiht im Vokal-Zyklus „Stufen“ ihre wandelbare Stimme den insgesamt 16 Gedichten. Ein Zyklus, der nach einer viel öfteren Aufführung in Konzerten verlangt. Schubert, Schumann, Silvestrov – diese Linie passt.

Zum Drüberstreuen bietet die CD noch Weltersteinspielungen. Die drei Klavierstücke op. 204 hat Silvestrov seiner viel zu früh verstorbenen Frau Larissa Bondarenko gewidmet. Die zwei Klavierstücke aus dem Jahr 2023 sind mit „Augenblick“ und „Wiegenlied“ betitelt. Kein Pathos. Der Augenblick, den Krieg in den Schlaf zu wiegen und den Frieden zu wecken. Silvestrovs Musik wäre, nein, ist der ideale Soundtrack dafür! (um)