Rezensionen
Freitag, der Dreizehnte.
27. April 2024, 13:27 Uhr
Das MusikTheater an der Wien stellte sich gestern der Herausforderung, ein Geburtstagsfest für Arnold Schönberg auf die Bühne zu bringen. Zum 150.! Und ging dafür in den Reaktor, das ehemalige Etablissement Gschwandner im 17. Bezirk. Da gab es viel zu hören und zu schauen. Musikchefin Ursula Magnes berichtet.
Von Arnold Schönberg stammt das Zitat: „Der Mittelweg ist der einzige Weg, der nicht nach Rom führt.“ Und so hat sich das Team um Regisseur Johannes Erath und Michael Boder einiges einfallen lassen, um Arnold Schönbergs 150. Geburtstag zu feiern. Die musikalische Leitung hat gestern Abend Anna Sushon übernommen, da Michael Boder völlig unerwartet während der Probenarbeiten verstorben ist.
Das Geburtstagsfest ist ein lebendiger Musiktheaterabend geworden, ein Eintauchen mit allen Sinnen. Das Publikum wird durch die Bibliothek, den Kinosaal und den großen Saal des Reaktors geführt. Darf sich nach Lust und Laune in den Räumen bewegen. Nicht weniger als 16 Werke Schönbergs erklingen, dazu ein Zitat aus Richard Strauss „Zueignung“ und das „Erbarme dich“ aus der Matthäus-Passion von J. S. Bach als traumversunkene Klarinettenkantilene. Der Mond ist als Videoprojektion allgegenwärtig. Wie die Nacht. Der fantastisch agierende Arnold Schoenberg Chor ist das Missing Link zwischen Publikum und Bühne, die im großen Saal des Reaktors als langgezogener verspiegelter Laufsteg auch als große Tafel zum Feiern einlädt. Auf dem dann und wann ein Flügel-Korpus als Klaviergrab oder launisches Podium hin und her gerollt wird. Ein Kühlschrank und ein flackernde Fernseher vermitteln begrenzte Privatsphäre. Zu den Walzer-Bearbeitungen Schönbergs haben auch einige Paare aus dem Publikum zu tanzen begonnen. Das Klangforum Wien musiziert. Berührend der Moment, wenn Schönbergs blaues Selbst-Portrait den Gefeierten auf sich selbst zurückwirft. Er wird ausgepackt.
Im Mittelpunkt stehen die beiden Sängerinnen Christine Schäfer und Magdalena Anna Hofmann. Christine Schäfer als Mephisto anmutender „Pierrot Lunaire“ und Maria Anna Hofmann als Interpretin von einem „Brettl-Lied“ bis hin zu Ausschnitten aus der „Erwartung“. Es wird vor Augen geführt wie vielseitig und grundsätzlich Arnold Schönberg als Komponist, Maler und Erfinder war. Kabarett, Expressionismus, Zwölfton-Theoretiker. Sein Kartenspiel wird in skurrilen Figuren lebendig. Und es fehlt auch nicht an Ironie, wenn Magdalena Anna Hofmann als Frau im Kinosaal laut hustet und raschelt.
Der Titel des Abends „Freitag, der Dreizehnte“ hätte Schönberg vermutlich in die Flucht geschlagen. Er litt an Triskaidekaphobie und fürchtete nichts mehr als die Zahl 13. Und das als Begründer der Zwölftontechnik. Er starb an einem Freitag, den 13. Im Alter von 76 Jahren. Sein 150. Geburtstag am 13. September fällt heuer auf einen Freitag. Die 100 Minuten ohne Pause sind eine willkommene Gelegenheit in die komplexe Welt Schönbergs und die Bandbreite seines Schaffens spielerisch einzutauchen. (UM)