Rezensionen

G. Verdi: Nabucco

14. Juli 2022, 08:20 Uhr

Richard Schmitz berichtet von der Live-Übertragung der Nabucco-Premiere im Steinbruch von Sankt Margarethen.

Der Steinbruch allein ist schon ein überwältigender Raum in den Thanassis Demiris sehr geschickt das Bühnenbild hineingebaut hat. Der Steinbruch spielte mit. Mit den durchdachten Kostümen von Pepe Corzo ergaben sich großartige Bildwirkungen. Die Assyrer in martialischen, farbenprächtigen Rüstungen, die Hebräer in ärmlichen Braun und Grün. Am Ende alle zu Jehova Bekehrten in strahlendem weiß. Der Regisseur Francisco Negrin konnte in diesem Ambiente die Geschichte des Königs Nebukadnezar erzählen. Dass der Chor aus dem off sang habe ich bedauert, vor allem im „va pensireo“. Die zahlreiche Komparsenschar hat aber die Gefühle sehr diszipliniert etwas artifiziell zur Geltung gebracht. Das Zusammenspiel zwischen Orchester, Chor und Solisten funktionierte tadellos, was bei der Dislozierung der drei Klangkörper nicht selbstverständlich ist. Alvise Caselatti hat das wunderbar gemacht, auch wenn ich mir manchmal mehr italienische Leichtigkeit gewünscht hätte.

Auch die Sänger entsprachen höchsten Erwartungen. Es ist ja nicht leicht im Freien ohne die geringste Resonanz zu singen, auch wenn man von einem Körpermikrophon unterstützt wird. Lucas Meacham gestaltete die Titelrolle differenziert und überzeugend. Der Zaccaria war bei Jongmin Park in besten Händen. Sein profunder Bass setzte sich auch in den Tutti-Stellen durch. Die böse Abigaille, sicher und ausdrucksvoll gesungen von Ekaterina Sannikova, durchlitt alle Höhen und Tiefen ihres Schicksals so, dass sie einem am Ende leid tat. Auch alle Höhen und Tiefen ihrer Partie kamen gekonnt. Monika Bohinec beeindruckt als sanfte Fenena. Da konnte sie loslegen. In der eher undankbaren Rolle des Ismaele schlug sich Jinxu Xiajou tapfer. Auch Baalspriester, Abdallo und Anna waren mit Ivan Zinoviev, David Jagodic und Amélie Hois bestens besetzt.

Das Piedra Festivalorchester Philharmonia und der Chor Wien Steinbruch lieferten eine profunde musikalische Basis.

Die Oper St.Margarethen hat sich selbst wieder einen Standard gesetzt, der für die zukünftigen Produktionen Maßstab sein sollte. Schade, dass ich es nicht vor Ort erleben konnte. Die Übertragung war professionell, aber es ist doch nicht dasselbe.

Das Publikum war begeistert und verzichtete gern auf die Umweltsünde Feuerwerk.

Wertnote: 8,6

© Richard Schmitz