Rezensionen
Giulio Cesare in Egitto
30. Juli 2025, 08:20 Uhr
Von den vierzig Opern, die Georg Friedrich Händel geschrieben hat, ist „Julius Cäsar“ seine bekannteste. Sie hat eine spannende Handlung, eine Liebesgeschichte und viele Intrigen. Das zu inszenieren ist eigentlich keine große Herausforderung. Die Charaktere sind nicht in ein Schwarz-weiß-Schema einzuordnen. Die Titelfigur des römischen Diktators Cäsar wird ja auch in der historischen Wissenschaft durchaus ambivalent gesehen: Ein strahlender Sieger in Gallien und im Bürgerkrieg gegen Pompeius, ein Diktator und Liebhaber einer exotischen Königin. Kleopatra eine berechnende Königin, die ihre Reize bewusst einsetzt, um Ihren Bruder aus der Mitregentschaft zu drängen. Der Countertenor Christophe Dumaux und die Sopranistin Olga Kulchynska arbeiten diese verschiedenen Facetten grandios heraus. Lucille Richardot hat es als Witwe des ermordeten Pompeius schwieriger, sie soll traurig, resigniert, hochmütig und rachsüchtig sein, was ihr – nicht immer stimmschön – auch gelingt. Leider wird sie in ein hausbackenes Kostüm gesteckt. Federico Fiorio reift als ihr Sohn Sesto vom Pubertierenden zum Mann. Yuriy Mynenko ist als ägyptischer Koregent Ptolemeus der Spross einer Familie, in der Inzest zum guten Ton gehört. Andrey Zhilikhovsky verkörpert den ägyptischen Feldherrn, der von Ptolemeo zu Kleopatra überläuft.
Es ist kein Zufall, dass dieser Bericht von der gestrigen Aufführung mit den Leistungen der Sängerinnen und Sänger begonnen hat. Der Regisseur hat die Darsteller exzellent geführt und die Charaktereigenschaften begreifbar gemacht. Da verzichtet man gerne auf ein pseudoägyptisches Brimborium. Weniger gelungen ist der Verzicht auf das von Händel komponierte fine lieto. Es gilt heute als unumgänglich auf das happy end zu verzichten. Aber manchmal sollte Modernität auch darin bestehen, sich den banalen Zeitströmungen zu entziehen. Die ohrenbetäubenden Explosionen am Beginn und am Ende der Oper sind unnötig und tragen nichts zum Verständnis des Geschehens bei. Der Schlussapplaus setzte daher auch zögernd ein und beeinträchtigte anfangs den Jubel für die Sängerinnen, Countertenöre, Sänger und für Emmanuelle Haims Orchester Le Concert d`Astrée. Man konnte manchmal vergessen, dass es sich um ein schmalbrüstiges Barockensemble handelt. Es war ein Abend, der den Salzburger Festspielen Ehre machte.
Wertnote: 8,2



