Rezensionen

Hoffmanns Erzählungen.

23. Juli 2021, 08:20 Uhr

Erneut hat sich die junge Operncompagnie OPER RUND UM die Eishalle in Waidhofen/Ybbs im niederösterreichischen Mostviertel zum Opernraum auserkoren. War es letztes Jahr Jacques Offenbachs Operette Orpheus in der Unterwelt auf Rollschuhen ist es heuer die große fantastische Oper Hoffmanns Erzählungen. Ursula Magnes berichtet von der gestrigen Premiere.

Seit 10 Jahren gelingt es der jungen Regisseurin Anna Bernreitner Oper an ungewöhnlichen Orten stattfinden zu lassen. War es zu Beginn Doktor und Apotheker von Carl von Dittersdorf rund um die elterliche Apotheke in Aschbach, hat die OPER RUND UM in den letzten fünf Jahren in Waidhofen/Ybbs mit großem Erfolg unerwartet Plätze bespielt. Besonders spektakulär vor drei Jahren Die Entführung aus dem Serail mit weiblichem Bassa Selim im Boxring rund um die alte Fabrikshalle.

Rund um passt auch gut zum Konzept und zur Inszenierung von Anna Bernreitner. Mit dem Betreten der Eishalle wird die Besucherin Teil der Aufführung, man wird von der gesamten Produktion umspielt, sitzt rund um die farbintensive knallig pink gelbe Bühne. Das ideal grelle Podium für Hoffmanns Erzählungen über seine fatale Suche nach der wahren Liebe. Das Vienna Ensemble unter Dirigent Raphael Schlüsselberg bedient sich einer Orchesterreduktion von Tony Burke und begleitet von der Seite. Das gelingt wunderbar, auch wenn nicht immer alles perfekt ist – der große Bogen der Melodien und die immer wieder berührende Leichtigkeit der Musik Jacques Offenbachs, all das kommt voll zu tragen. Gesungen wird in der deutschen Übersetzung von Gustav F. Kogel.

Im Mittelpunkt des Abends steht zweifelsfrei der Dichter Hoffmann, auch aufgrund der sensationell guten Tenorstimme des jungen Isländers Sven Hjörleifsson, aktuell Ensemblemitglied der Oper Leipzig. Mit schwarzem Lippenstift und schwarzen Haaren als Schulterumhang begleitet ihn auch das Dämonische E. T. A. Hoffmanns. Ein Schulabgänger in kurzen Hosen, der noch nicht so recht weiß wohin mit sich und der Welt. Neue Welten, Neues Leben – so steht es knallig rot am Programmheft! Hoffmann durchlebt in fast manischen Begegnungen mit den drei Frauenrollen alle Höhen und Tiefen der Liebe: Olympia, Antonia und Giulietta – eine bleibt ihm treu, sie liebt ihn, ohne, dass er es wirklich merkt: die Muse. Gesungen und dargestellt von Christina Sidak. Die drei Damen Laura Jean Elligsen als Olympia, Zoe Nicolaidou als Antonia und Barbara Maria Angermaier als Giulietta treten im Ensemble in Bademänteln auf und holen Hoffmann aus seinem inneren Käfig, dem er auch tatsächlich entsteigt. Um im Laufe des Stückes auch nicht mehr in diesen zurückkehrt. Till von Orlowsky als Hoffmanns Gegenspieler Lindorf, und Richard Klein als Olympias Erfinder Spalanzani sowie Johannes Schwendinger als Crespel, unglückicher Vater Antonias, bringen in weiteren kleinen Rollen viel Energie und Verve auf die Bühne.

Die Oper rund um Jacques Offenbachs Hoffmanns Erzählungen ist erneut rund um gelungen. Der Bürgermeister der Stadt gratulierte der Regisseurin mit einem Blumenstrauß und das Premierenpublikum applaudierte begeistert. Der fast Vollmond am Nachhauseweg tat das seinige zum Ausklang eines erfrischend fantasiereichen bunten Opernabends.

© ORU, Sven Hjörleifsson als Hoffmann