Rezensionen
Idomeneo im renovierten Theater an der Wien.
13. Oktober 2024, 11:37 Uhr
Kritik Idomeneo 12.10.2024 TAW
Nach der feierlichen Wiedereröffnung des Theaters an der Wien wurde gestern Abend die erste Oper gespielt, allerdings noch konzertant. W. A. Mozarts „Idomeneo“. Richard Schmitz berichtet.
Das Theater an der Wien erweckt bei mir viele schöne Erinnerungen. Dort wurde ich für das Musiktheater sozialisiert. Im ersten Rang am Stehplatz vorbei zu gehen, wo ich in den Jahren 1953, 1954 und 1955 schon so etwas wie einen Stammplatz gehabt habe, ist schon ein eigenes Gefühl. Gleich dahinter den großzügigen Pausenraum und die Terrasse gibt es nun seit gestern. Das Musiktheater an der Wien ist heller und weiträumiger geworden. Auf die Vollendung der Bühnentechnik müssen wir noch bis Jänner warten.
Der gestrige konzertante „Idomeneo“ war ein voller Erfolg. Attilio Glaser hat an der Deutschen Oper Berlin ein breites Repertoire vom Don José bis zum Lohengrin. Da ist es sehr erfreulich, dass er sich auch in die schwierige Mozartrolle des Idomeneo bravourös hineinfindet. Seine große Arie „Fuor del mar“ war ein Höhepunkt. Danach wurde das Publikum in die Pause geschickt, was nach der Pause, nach dem genialen Einfall Mozarts, das Aktfinale nicht mit Akkorden zu schließen, sondern es auslaufen zu lassen, zu Irritationen geführt hat. Vielleicht sollte man doch mit dem Aktfinale in die Pause gehen?
Emily Sierra singt die Mezzofassung des Idamante mit schöner Stimme. Er ringt um die Zuneigung seines Vaters, ist sich in der Liebe zu Ilia sicher und übernimmt dann die Herrschaft in Kreta. Emily Sierra kann ebenso wie Attilio Glaser ihren Spieltrieb nicht ganz unterdrücken. Da wird man neugierig auf die szenische Realisation im Jänner. Slávka Zámecnikova ist für Jeanine de Bique eingesprungen und hat die Ilia ordentlich gesungen. Frenetische Jubelstürme hat Elena Tsallagova als Elettra mit ihrer Rachearie kurz vor dem Finale hervorgerufen. Ya-Chung Huang charakterisierte sowohl den treuen Vertrauten Arbace als auch den Hohepriester des Neptun ausdrucksvoll. Lavente Pall ließ die erlösenden Worte vom Ersten Rang aus in das Auditorium dröhnen.
Die Akustik des Hauses ist noch immer sensationell. David Bates dirigierte beweglich und offenbar auch mit Vergnügen die Wiener Symphoniker und den Arnold Schoenberg Chor, der auch kleinere Solistenaufgaben übernahm. So könnte ein neuer Wiener Mozartstil entstehen.
Das Publikum war begeistert und feierte alle Beteiligten. Es war ein bewegender Abend.
Wertnote: 8,6/10 Punkten