Rezensionen
Il turco in Italia
8. Juli 2022, 10:09 Uhr
Das Gastspiel der Opéra de Monte-Carlo an der Wiener Statsoper wurde gestern mit Rossinis „Il turco in Italia“ fortgesetzt. Unser Opernexperte Richard Schmitz berichtet.
Es ist nicht leicht heitere Opern zu schreiben und zu komponieren. Rossini war dieses Talent gegeben, aber auch er hat nicht nur Geniestreiche geschrieben.
„Il turco in Italia“ ist eine handwerklich saubere und spritzige Opera Buffa, nicht mehr.
Trotzdem ist es vergnüglich, dieses Werk kennenzulernen. Schon das Handlungsgerüst des routinierten Felice Romani ist interessant. Romani hat nicht auf den verkrampften Versuch eines modernen Regisseurs gewartet, sondern gleich selbst die Rahmenhandlung geschrieben. Ein Dichter zieht die Fäden und sorgt auch für das Happy End, oder korrekter fine lieto. Die Doppelbödigkeit des Geschehens wird allerdings in der Regie von Louis Grinda nur wenig betont. Es ist alles auf den Star des Abends Cecilia Bartoli konzentriert, die all ihr Können und all ihre Stimmbeherrschung einbringt. Diese Fiorilla ist eine selbstgefällige Person, die nicht genug Liebhaber haben kann. Unglaublich, wie unverbraucht die Stimme noch immer ist. Ihre Koloraturtechnik war nie meins. Zu wahrer Größe erblüht die Bartoli allerdings, als ihr narzisstisches Selbstbild in sich zusammenbricht. Da jubelt das Publikum zurecht minutenlang und kann sich kaum beruhigen. Der Türke Selim ist von ihr fasziniert, kehrt allerdings am Ende zu seiner Roma Geliebten zurück. Ildebrando D`Arcangelo setzt seine wunderbare Stimme differenziert ein. Nicola Alaimo singt den unsicheren und tollpatschigen Ehemann Geronio gekonnt. Don Narciso ist einer der Verehrer Fiorillas. Barry Banks macht diese Figur unter dem Einsatz seiner an sich schönen Stimme zu einer Karikatur. Das ist durchaus witzig. Man fühlt sich an Donald Trump und Boris Johnson erinnert. Das übrige Ensemble José Maria Lo Monaco als Zigeunerin Zaida, David Astorga als Albazar und Giovanni Romeo als strippenziehender Dichter erledigen ihre Aufgaben mit Anstand.
Gianluca Capuano leitet das Orchester Les Musiciens du Prince – Monaco und den zugehörigen Chor zu einem spritzigen Rossiniklang. Das Orchester und die Solisten können auch ohne Dirigenten in den Schlussapplaus hinein das Finale wiederholen.
Das Auditorium applaudierte lang und begeistert. Der Meinung, dass es die erfolgreichste Produktion in der derzeitigen Direktion sei, wie von Kollegen behauptet, kann ich mich nicht anschließen. Es war ein herziger Abend.
Wertnote 8,7