Rezensionen

J. Offenbach: La Périchole

17. Januar 2023, 08:20 Uhr

Szenenbild der Produktion von La Perichole im Musiktheater an der Wien.
Werner Kmetitsch/TAW

Jacques Offenbachs Werke bieten neben hinreißender Musik immer auch Sozialkritik in kabarettistischer Form. Seine Stücke waren auf seine Zeit bezogen. Daher ist eine Realisierung nur sinnvoll, wenn Ironie und Witz sich mit gegenwärtigen Missständen beschäftigen. Das ist Nikolaus Habjan in seiner Inszenierung blendend gelungen. Die Texte lassen keine Platitude der österreichischen Innenpolitik ungenützt. Die Chats von Thomas Schmid werden schamlos ausgeschlachtet. Was ist der kürzeste Witz der Gegenwart? „Kurz“!  Da lachen alle.  Sebastian Kurz darf sogar als Habjan Puppe im 3.Akt auftreten, allerdings nach 12 Jahren Kerker stark gealtert.

Der Abend beginnt vor einem riesigen Wahlplakat des Vizekönigs, der sich als Arzt verkleidet der Illusion hingibt, inkognito bleiben zu können. Der 1. Akt zieht sich etwas, da wird viel zuviel Klamauk getrieben. Die beiden Eingangslieder der zwei Straßensänger zünden noch nicht. Auch die Briefszene der Perichole bleibt unbelohnt. Es erweist sich wieder die alte Theaterweisheit, dass nichts schwieriger ist, als Betrunkene zu spielen. Nach der Pause nimmt der Abend Fahrt auf. In der steifen Atmosphäre des Hofes entwickelt sich das Drama der enttäuschten Liebe, des Hungers und der Not. Das im Original unlogische Nachgeben des Vizekönigs, wird durch Anwesenheit eines Seitenblicke-Teams zum logischen Happy End.

Anna Lucia Richter gibt eine glaubwürdige Périchole; sie kann mit Spielfreude und ausdrucksvollem Sopran punkten. David Fischer überrascht mit schönen Tönen und dramatischem Einsatz. Alexander Strömer hat die undankbare Rolle des Vizekönigs, der schon am Anfang vom eigenen Volk in seinem inkognito ausgelacht wird und auch bei Perichole nicht landen kann. Er spielt und singt das mit Anstand. Boris Eder und Gerhard Ernst nutzen als Kammerherr und Stadtkommandant alle Pointen. Tania Golden, Bettina Soriat und Alexandra Maria Trimmel als drei Cousinen sind Inhaberinnen eines Würstlstandes, der Leberkäs vom Lama ! anbietet. Eine von ihnen hatte das Publikum schon vor Beginn durchaus harsch aufzufordern, die Handys auszuschalten. Diese drei Sängerinnen und Susanne Hirschler machen auch als Hofdamen gute Figur, was bei den aufgedonnerten Kostümen durchaus Spaß macht. Leider kommt Offenbachs geniale Musik nicht wirklich zur Geltung. Der Arnold Schönberg Chor und das ORF-Radiosymphonieorchester liefern unter Jordan de Souza wenig spritziges, französisches. Da spielt wahrscheinlich auch die hölzerne, deutsche Übersetzung eine hemmende Rolle.

Das Publikum feierte diese ironisch-witzige Verwirklichung der „Périchole“ ausgiebig und andauernd.

Wertnote: 8,2