Rezensionen
La Bohème in Klosterneuburg
10. Juli 2022, 09:35 Uhr
Gestern Abend brachte die operklosterneuburg Giacomo Puccinis Oper „La Bohème“ heraus. Der radio klassik Stephansdom Opernliebhaber Richard Schmitz berichtet:
Bis zur letzten Minute hat Intendant Michael Garschall gezögert. Dann musste er die Premiere in die Babenbergerhalle verlegen. Es hatte zu regnen begonnen. Die Zuschauer mussten auf das Ambiente des Kaiserhofes im Augustinerchorherrenstift verzichten. 20 Jahre hat der Klimawandel dafür gesorgt, dass open air gespielt werden konnte. Gerade die 25. Premiere der Klosterneuburger wurde verregnet. Intendant Michael Garschal erhielt dafür eine Flasche Wein und zum Geburtstag von der Landeshauptfrau eine blutige Kardinalschnitte. Frau Mikl-Leitner gab das Rätsel des Abends auf: Wie schmeckt eine Kardinalschnitte, die mit Herzblut zubereitet wurde?
Giacomo Puccinis „La Bohème“ zeigte wieder einmal, wie widerstandfähig sie ist. Sie entfaltete auch in der Halle ihren Reiz. François de Carpentries inszenierte eine dem Libretto getreue Wiedergabe. Nur im dritten Bild traten die Marktweiber mit Totenmasken auf. An den Feinheiten, die das Bühnenbild zu bieten hat, können sich die Zuseher und Zuseherinnen erst beim nächsten Schönwetter erfreuen. Camille Schnoor ist eingesprungen und gestaltete offenbar routiniert eine berührende Mimì. Manchmal verführte sie Ihren Rodolfo Clemens Kerschbauer zu italienischer Träne. Beide Arien wurden beklatscht. Leider konnte die Musette Aleksandra Szmyd ihrem Marcello Thomas Weinhappel keine kultivierten Töne entlocken. Dominic Barberi erhielt für die Mantelarie des Colline Szenenapplaus. Aleš Jenis als Schaunard und Marc Olivier Oetterli in den Rollen des Benoit, Alcindoro und als Pompfuneberer erfüllten ihre Aufgaben. Dem Gleichgewicht zwischen Solisten und Orchester kam die Halle nicht entgegen. Jede kleine Unsicherheit, etwa bei den Hörnern wurde da überdeutlich. Der Dirigent Christoph Campestrini war mit seinem weitausholenden Dirigat nicht zu übersehen.
Es war ein gelungener Abend. Die Landeshauptfrau leitete persönlich die standing ovations ein. Das Publikum war zufrieden.
Wertnote: 6,8/10 Punkten
© Richard Schmitz