Rezensionen
Märchen im Grand Hotel.
10. Juli 2024, 09:02 Uhr
In Bad Ischl ist gestern Abend (6. Juli 2024) das 64. Lehár Festival Bad Ischl eröffnet worden. Drei Operetten stehen auf dem Programm. Bei der Premiere der ersten war Bernadette Spitzer dabei: "Märchen im Grand Hotel" von Paul Abraham.
"Märchen im Grand Hotel" zählt zu den aktuell noch eher unbekannten Operetten von Paul Abraham, und das will Intendant Thomas Enzinger offensichtlich ändern, stellt er es ja als erste Produktion des Festivals ganz ins Rampenlicht. Das Stück wurde 1934 in Wien uraufgeführt. Das Libretto stammt von Stars ihrer Zeit, Alfred Grünwald und Fritz Löhner-Beda. Die Grundidee ist durchaus lustig und voller Anspielungen.
In Hollywoodland sucht ein Produzent verzweifelt nach einem fantastischen Drehbuch. Seine Tochter reist nach Cannes ins Grand Hotel, beobachtet dort die Gäste und macht daraus ein Drehbuch, aus dem ein oscarprämierter Film wird. Dazwischen tauchen Elemente auf, die aus anderen Operetten vertraut sind, vor allem dem Salzkammergut. Da gibt es etwa einen verliebten Kellner und ein Setting in einem Hotel – wie im Hotel Weißes Rössl. Das Stück hat Längen, und man ist geneigt, zu verstehen, warum es nach den ersten 65 Vorstellungen bis 2017 praktisch nicht mehr aufgeführt worden ist. Das wird allerdings versucht zu kompensieren von einem soliden Ensemble, einer witzigen Regie von Intendant Thomas Enziger, einer fantastischen Choreographie von Evamaria Mayer und großartigen Tänzern, von denen man einige in Bad Ischl bereits gesehen hat. Auch das Orchester unter der Leitung von Christoph Huber trägt zum Erfolg des Abends bei.
Die Achse Wiener Volksoper – Lehár Festival zeigt sich unter anderem bei Julia Koci, die die spanische Infantin Isabella spielt, die im Hotel im Exil lebt und unter Geldsorgen leidet. Koci ist unüberhörbar Opernsängerin und verleiht ihrer Rolle durch ihre warme Stimme Eleganz. Ihr, dem Sopran, an der Seite steht Prinz Andreas, natürlich ein Tenor: Maximilian Mayer, den das Ischler Publikum ebenfalls bereits kennt. Ob Richard Wagner oder Paul Abraham – ihm macht offensichtlich beides Spaß. Es wäre aber keine Operette, wenn es nicht Liebesirrungen geben würde. Die Prinzessin verliebt sich in den Kellner Albert, dargestellt von Oliver Severin. Er ist Schauspieler, kein Sänger, schlägt sich aber tapfer durch die Gesangspartien und bringt das Publikum zum Lachen und Mitfühlen ob seines Liebeskummers mit der zunächst unerreichbaren Infantin. Die zweite komische Rolle ist Gräfin Inez de Ramirez, deren Komik allerdings darauf beruht, dass sie von einem Mann dargestellt wird, von Walter Sachers. Star des Abends ist Nina Weiß als Marylou. Sie ist das alles beherrschende Temperamentbündel, eine großartige Tänzerin und Stepptänzerin und sympathische Schauspielerin, die am Ende ebenfalls unter die Haube kommt, unter die von Prinz Andreas.
Das Publikum war von diesem Märchen im Grand Hotel am Ende begeistert und ging beschwingt vorbei an der riesigen Baustelle des Grand Elisabeth, das gerade gebaut wird, nachhause. (BS)