CD der Woche
Mahler 9 on Period Instruments.
8. Juni 2024, 07:25 Uhr
CD der Woche / KW 23 /8. Juni 2024
Interpreten: Mahler Academy Orchestra
Label: Alpha
EAN: 37016245100575
Claudio Abbado hat das Mahler Academy Orchestra ins Leben gerufen. An jenem Ort, den Gustav Mahler in den Sommermonaten seiner letzten Jahre zur Sommerfrische und zum Komponieren aufsuchte: Toblach in Südtirol, an der Südbahn gelegen. Ein idealer Ort, um sich mit Mahlers Musik auseinanderzusetzen. Ein herrlicher Konzertsaal, der Blick auf die Gipfel der Dolomiten. Philipp von Steinaecker, Abbados einstiger Assistent, hat mit den jungen Akademistinnen sowie arrivierten Orchestermusikerinnen aus ganz Europa Mahlers Symphonie 9 erarbeitet. Das Ergebnis begeistert Musikchefin Ursula Magnes.
Es gibt sie, diese Momente. Wenn ein Höreindruck sofort gefangen nimmt. Das „Gefängnis“ entpuppt sich als akribisch recherchierte Arbeit. Diese Aufnahme offeriert eine Klangwelt wie sie Gustav Mahler wohl im Kopf hatte, als er seine Neunte komponierte. Zwar sind wir in Wien mit den Wiener Orchestern und den typisch Wiener Instrumenten wie Wiener Oboe und Wiener Horn sehr verwöhnt, was den Klang betrifft, doch bietet das Mahler Academy Orchestra eine mustergültige Vorlage. Dirigent Philipp von Steinaecker über den Probenprozess: „Bei unseren Proben fielen uns die unglaublich ausgeprägte Charakterisierung der Holzbläser, das erschütternde Dröhnen der Blechbläser, die perfekte Balance zwischen den Instrumenten und der reine und warme Klang der Streicher auf. . . Sie haben Mahlers brillante Orchestrierung auf ein neues Niveau gehoben.“
Gustav Mahler macht es den Orchestermusikerinnen bis heute nicht leicht. Um es mit seinen Worten zu sagen: „So müssen mir die Bässe und Fagotte oft in den höchsten Tönen quieken, die Flöten tief unten pusten.“ Jahrelanges Studium, um möglichst schön zu spielen, und dann das… Es steht halt nicht in den Noten, das Wesentliche; wo aber dann? Musikwissenschaftler Clive Brown hat das Entstehen der Aufnahme maßgeblich unterstützt. Die originalen Instrumente helfen ganz einfach und die Vorstellung einer guten Interpretation ist grundsätzlich Moden unterworfen. Technischer Fortschritt zahlt seinen Preis: „Diese Klänge und Ausdrucksmöglichkeiten wiederzuentdecken, kann der Musik jene Frische und Wirkung wiedergeben, die durch technologische Entwicklungen verloren gegangen sind.“
Mahlers Neunte mit Originalem Instrumentarium zu hören, ist eine willkommene Entdeckungsreise. An der Hand genommen von jungen Enthusiasten und „alten Hasen“ – wie den Posaunisten der Wiener Symphoniker. Gewissermaßen eine musikalische Sommerfrische fürs Ohr. Einfach Augen zu und lauschen, lauschen, lauschen. (UM)
© Ursula Magnes