CD der Woche

Marwan Abado: Longa Vienna.

4. Mai 2024, 07:25 Uhr

(c) Gramola

CD der Woche / KW 18 / 4. Mai 2024

Interpreten: Marwan Abado & Ensemble
Label: Gramola
EAN: 9003643993099

 

Auf seiner letzten CD für Gramola hat Marwan Abado mit Paul Gulda musiziert. Ein „Path of Love“, so der Titel, verbindet feinsinnige Arabesken abwechselnd mit Barockmusik für Oud und Cembalo. Aufgenommen vor 10 Jahren auf Schloss Feistritz in der Steiermark. Die aktuelle CD „Longa Vienna“ entstand im Studio in Niederkreuzstetten und ist eine Rückschau auf bald 40 Jahre Musik und Leben in Wien. Marwan Abado wurde als Sohn einer christlich-palästinensischen Familie in einem Flüchtlingslager in Beirut im Libanon geboren. 1985 flüchtet er aus dem Bürgerkriegsgebiet nach Österreich, wo er als Musiker, Sänger, Komponist und Poet eine neue Heimat gefunden hat. Mehr zur CD „Longa Vienna“ von Musikchefin Ursula Magnes.

Zugegeben. Der Titel der CD ließ mich aufhorchen: „Longa Vienna“. Was kann das sein? Mit Longa bezieht sich Marwan Abado im Spiel mit seiner Kurzhalslaute Oud auf eine orientalisch-musikalische Form, die um die Mitte des 18. Jahrhunderts - als Mozart geboren wurde und Kaiserin Maria Theresia auf den Schoß krabbelte - durch das Volk der Roma ins Osmanische Reich gebracht wurde. Dort übernahmen arabische Musiker diese spezielle Tanzmusikform für den schnellen Abschluss eines Konzertes. Eine Art beschleunigende Coda um die Leute nach Hause zu schicken. Marwan Abado ist damit in Wien angekommen.

Aus seinemursprünglichen Plan mit seinem langjährigen musikalischen Wegbegleiter Peter Rosamanith (Percussion) eine CD zu produzieren wurde mit Klarinettist Maciej Golebiowski und Bassgitarrist Arnulf Lindner ein Quartett. Und für die Nummer „Oh Herr des Regens“ ist auch die syrische Sängerin Dima Orsho zum Ensemble gestoßen. Jeder der vier Instrumentalisten bringt so viel unverwechselbare eigene Persönlichkeit mit ins Spiel, dass die Kompositionen Marwan Abados auf angenehme Weise in vielerlei Traditionen beheimatet klingen. Ein Gericht, in dem jede Zutat zu schmecken ist. Eine musikalische Reise durch Wien nennt es Peter Rosmanith, ein Wiener Klang der Gegenwart, der aus dem gemeinsam wertschätzenden Zuhören entsteht. So interpretiert Marwan Abado auch die klassischen Formen „Taqsim“ und „Samai“ sehr frei und berührt mit der Vertonung zweier Gedichte des palästinensischen Dichters Samih al-Qasim.

Marwan Abado hat sich seine Träume und seine Freiheit bewahrt. Ein Schatz, dem ich gerne lausche. Das Regenlied palästinensischer Bauern mit der Bitte um Niederschlag hat musikalisch keine Grenzen und steht allen offen. (UM)

Radio-Tipp: Lebenswege mit Marwan Abado und Viola Raheb "Grenzenlose Liebe""

© Ursula Magnes