Rezensionen

Monteverdi-Zyklus completed.

3. April 2023, 08:20 Uhr

Wiener Staatsoper, Michael Pöhn

Eine der ältesten Opern der Welt hatte gestern in der Wiener Staatsoper Premiere: „Il ritorno d`Ulisse in Patria“ von Claudio Monteverdi. Damit ist der Monteverdi-Zyklus der Staatsoper vollendet. Richard Schmitz berichtet.

Die Oper folgt der Odyssee von Homer und schildert die Ereignisse bei Ankunft des Helden in seiner Heimat Ithaka. Claudio Monteverdis geniales Werk hätte gestern kaum in so strahlender Pracht geboten werden können, hätte nicht Nikolaus Harnoncourt schon 1967 begonnen, die Partitur aus vielen fragmentarischen Elementen zusammenzusetzen. Dass entscheidende Teile in der Wiener Nationalbibliothek lagern, war da sicher von Vorteil. Trotzdem ist das gestern präsentierte Ergebnis eine große Leistung, die man nicht hoch genug preisen kann. Die präzise Charakterisierung aller Figuren wurde vor allem in der Instrumentierung, die ja nur rudimentär vorlag, deutlich herausgestrichen. Götter und Menschen werden da unterschiedlich gezeichnet und werden dadurch plastisch. Georg Nigl zeichnet den Titelhelden mit all seinen Ängsten und Hoffnungen, in bester stimmlicher Verfassung. Kate Lindsey zeigt eine Penelope, die bis zuletzt nicht glauben kann, dass der Langersehnte wirklich zurückgekommen ist. Ihre rezitativischen Monologe sind ein Ereignis. Isabel Signoret strahlt als Minerva die Selbstsicherheit der Götterwelt aus. Warum sie ein blaues Gesicht hat, ist nicht erklärlich. Vielleicht, weil sie mit einem riesigen blauen Auge aus der Geschichte aussteigt? Andrea Mastroni bewegt sich mit seinem profunden Bass behände zwischen Götterwelt, Menschenwelt und Allegorie. Er darf den rachedurstigen Neptun, den Verehrer Antinoo und die Zeit singen. Hiroshi Amako und Katleho Mokhoabane singen verlässlich die beiden anderen Verehrer Eurimaco und Pisandro. Beruhigend wirkt Robert Bartneck als Eumete, der nicht als Hirt sondern als Wirt gezeichnet wird. Helene Schneidermann liefert eine gekonnte Altersstudie der Amme Ericlea. Jörg Schneider darf mit dem Schlemmer Iro brillieren; die erste Buffopartie in der Geschichte der Oper. Auch alle weiteren Ensemblemitglieder gestalten ihre Rollen auf Staatsopernniveau. Im Graben dirigiert Pablo Heras-Casado den Concentus Musicus Wien und macht den Abend zum Ereignis. Beide wurden schon am Anfang herzlich begrüßt und am Ende frenetisch gefeiert.  

Die Regisseure Jossi Wieler & Sergio Morabito stellen die Oper in eine zeitlose Gegenwart. Dass der Mensch auch heute dem Zufall und der göttlichen Willkür hilflos ausgeliefert ist, wird nicht einmal ansatzweise deutlich. Auch wenn einige Szenen gelingen, erschüttert das Geschehen kaum. Daran sind auch Anna Viebocks Bühne und ihre Kostüme schuld, die keinerlei Bezüge und Logik enthalten. Das Allegorische und den philosophischen Bezug muss man den Texten und dem ausgezeichneten Programmheft entnehmen. Die Musik und der Gesang verströmen hinreißenden Originalklang, den man optisch total vermisst.

Begeisterter Applaus für die Musik, der die zaghaften Buh-Rufer bald übertönt.

Wertnote: 8,1/10 Punkten.