Rezensionen

Nabucco zum Geburtstag.

23. Januar 2021, 08:20 Uhr

Die Wiener Staatsoper hat ihrem Ehrenmitglied Plácido Domingo gestern ein besonderes Geburtstagsgeschenk zu 80er gemacht. Er durfte das, was er zum Leben braucht. Er durfte singen. Die Titelrolle in Giuseppe Verdis Nabucco. Unser Opernexperte Richard Schmitz hat das via Live-Streaming mitverfolgt:

Es war ein gelungenes Fest. Das lange Warten auf den Beginn; ursprünglich 16.30 Uhr, dann 20.00 Uhr. Schließlich hat die Übertragung um 20.40 Uhr begonnen. Plácido Domingo bewältigte die schwierige Rolle beeindruckend. Er ist eben eine richtige Bühnenpersönlichkeit. Dieser Tyrann Nabucco, der dann doch zum hebräischen Glauben kommt, gibt ihm die Möglichkeit zu zeigen, dass er nicht nur Stimme hat sondern auch den unbändigen Willen eine Charakterentwicklung zu zeigen. Auch die „Hosenträgerinszenierung“ von Günter Krämer hindert ihn daran nicht. Bezeichnenderweise beginnt diese mit einem Kasperltheater während der Ouvertüre. Lediglich die Idee, dass der Chor den allzu bekannten Gefangenenchor mit Bildern von in Auschwitz Ermordeten in der Hand singt, lässt eine Durchdringung des Dramas erahnen. Passt bestens zum gestrigen Holocausttag.

Neben Plácido Domingo besticht vor allem Anna Pirozzi als Abigaille. Eine herrlich strömende Stimme, die die Stimmungsschwankungen dieser herrschsüchtigen Frau prächtig zur Geltung bringt. Auch Szilvia Vörös als Fenena überzeugt. Freddie De Tommaso besteht in der undankbaren Rolle des Ismaele. Das letzte Wort hat Riccardo Zanellato als Zaccaria. Chor und Orchester brillieren unter Marco Armiliato. Alle wissen wie man Verdi spielt!

Zuletzt jubelten alle Mitwirkenden einander zu, besonders aber dem Geburtstagskind. Plácido Domingo ist zwar kein Kind mehr, aber das Happy Birthday, das man während des Abspanns hören konnte, hat er sich verdient.

In einem Pausenbeitrag versichert er, dass er ohne Musik und Singen nicht leben kann. Wünschen wir ihm und uns zu seinem 80. Geburtstag, dass er das noch lange kann. Der Mann ist ein Phänomen. Hoffentlich können wir ihm bald wieder Applaus spenden. Das Haus hätte getobt. Liebe Hörerinnen und Hörer, hören sie sich das am Sonntag um 20.15 Uhr auf ORF III an, zu schauen gibt es wenig.

Wertnote: 8,0/10 Punkten.

© Wiener Staatsoper