Rezensionen

Operetten Wiederbelebung am Theater an der Wien.

19. Januar 2025, 15:36 Uhr

© Werner Kmetitsch

Gestern (18.1.2025) wurde nach dem Umbau endlich das Theater an der Wien mit einem szenischen Bühnenwerk eröffnet. Die Operette „Das Spitzentuch der Königin“ des Walzerkönigs Johann Strauss war das richtige Stück. Es wurde schon einmal zur Wiedereröffnung des Hauses gespielt. Unser Opernexperte Richard Schmitz war dabei.

„Das Spitzentuch der Königin“ geriet wegen der Anspielungen auf den österreichischen Thronfolger Rudolf nach den tragischen Ereignissen in Mayerling bald in Vergessenheit. Die vielen wunderbaren Melodien hat Strauss uns mehrfach nahegebracht, etwa im Walzer „Rosen aus dem Süden“. Trotzdem ist anzumerken, dass das Werk nicht die Prägnanz seiner anderen Operetten erreicht.

Es geht hier um Politik, Autokratie, Thronfolge, Korruption und eheliche Treue. Auf dem Spitzentuch schreibt die Königin einen Satz, den man missverstehen kann. Wie in der Operette üblich, löst sich das Missverständnis auf und alles ist gut. Dem Publikum der Uraufführung war klar, dass mit dem jungen portugiesischen König, der lieber Trüffelpastete speist, statt sich seiner Frau zu widmen, Erzherzog Rodolf und seine unglückliche Ehe mit der belgischen Prinzessin Stephanie gemeint war. Die Ironie lag auf der Hand. Das erklärt den anfänglich überwältigenden Erfolg. Das heute zu inszenieren ist schwierig. Das Team des Theaters an der Wien hat sorgfältig die Quellen studiert und eine spielbare Fassung erarbeitet. Eine simple Übertragung in die Gegenwart hat man vermieden.

Die Inszenierung von Christian Thausing spielt in durchwegs nächtlichem Portugal in der Vergangenheit. Da ist man anfangs verwirrt, die Kostüme von Timo Dantler und Okarina Peter geben wenig Auskunft über die Funktionen der handelnden Personen. König, Königin, Minister, Erzieher, Kammerjungfrauen sind kaum vom Chor zu unterscheiden. Das Bühnenbild zeigt einen drehbaren Pavillon, den man keiner Zeit zuordnen kann. Es wird im zweiten Teil besser. Da erregen Anspielung auf Korruption, Polizeipferde und Volkskanzler durchaus Gelächter; die Nähe zur sozialkritischen Operette Offenbachs wird spürbar.

Die wunderbaren Melodien können nicht darüber hinwegtäuschen, dass Strauss hier noch die dramatische Erfahrung fehlt. Leider fehlt sie auch dem Wiener Kammerorchester, das unter Martynas Stakionis keinerlei Walzerseligkeit entwickelt. Der König ist mit Diana Haller weiblich besetzt, was nicht ganz falsch ist; das original wurde nur 24 Jahre alt. Elissa Huber singt die Königin. Beate Ritter kann als Vertraute der Königin einige Pointen landen. Maximilian Mayer bleibt als Drahtzieher Cervantes blass. Lediglich Michael Laurenz kann als Premierminister Szenenapplaus kassieren. Regina Schörg versucht sich im Fach der komischen Alten. Die übrigen Solisten bemühten sich ebenso wie der Arnold Schoenberg Chor um die Belebung der Operette.

Den Sprung ins große Repertoire wird das Werk auf diese Weise kaum schaffen. Das Publikum war zufrieden und feierte alle Mitwirkenden.

Wertnote: 6,5/10 Punkten