Rezensionen

Pique Dame an der Staatsoper.

22. Januar 2022, 08:20 Uhr

Gestern wurde an der Wiener Staatsoper Peter Iljitsch Tschaikowskys „Pique Dame“  in der Inszenierung von Vera Nemirova wieder aufgenommen. radio klassik Stephansdom Opernexperte Richard Schmitz war auch diesmal wieder dabei.

Die Premiere war im Oktober 2007 und hat sich im Repertoire bis 2015 gehalten. Damals sangen Martina Serafin und Neil Shicoff das Liebespaar, Seiji Ozawa hat dirigiert. Das war gestern ein packender unsentimentaler Tschaikowsky. Valery Gergiev ist im russischen Repertoire authentisch. Spannend wurde es erst nach der Pause, da kamen auch die Sängerinnen und Sänger besser in Fahrt. Wendepunkt war der Monolog der Gräfin. Nicht zu Unrecht stellt sie fest: „Was ist das für eine Welt! Die können sich nicht einmal amüsieren.“ Olga Borodina macht mit eindringlichen Pianomelismen und mit herrischen Befehlen viele ihrer Vorgängerinnen in dieser Rolle vergessen. Elena Guseva kann aus der Lisa kein unschuldiges junges Mädchen machen; aber sie bewältigt die Partie mit Anstand. Ihre Arie erntet Szenenapplaus. Ihr geliebter Hermann ist ja nicht gerade ein Sympathieträger. Da ist es zu akzeptieren, dass er keine schöne Stimme hat. Die manische Spielsucht in den letzten Szenen geraten deshalb dramatisch und glaubwürdig. Fürst Jeletzki Boris Pinkhasovich begeistert mit seiner Arie das Publikum. Das übrige Ensemble sorgte für einen gelungenen Ablauf des Abends. Vera Nemirovas Regie hat ihre Repertoiretauglichkeit ja schon bewiesen. Die immer noch üblichen Tricks, wie Sopranistin bloßfüßig im  Negligé oder Transgenderfiguren in den Tanzszenen regen heute niemanden mehr sonderlich auf. Auch dass sich Lisa nicht in die Newa stürzt sondern in ein Meer von Regenschirmen ist nicht mehr bemerkenswert. Im ersten Bild geht die wunderbare Frühlingsmusik von Tschaikowsky im Schlafsaal eines Kinderinternats vollkommen unter. Enttäuschend nach wie vor das Einheitsbühnenbild von Johannes Leiacker und die Kostüme von Marie-Luise Strandt.

Es ist zu erwarten, dass in den Folgevorstellungen nicht nur der Chor und das Staatsopernorchester schon in den ersten drei Bildern zu Hochform auflaufen, sondern auch die Solisten auch vor der Pause ihre Qualitäten ausspielen.

Herzlicher Applaus, der aus Gründen der Sperrstunde durch das Senken des Vorhanges verkürzt wurde..

Wertnote: 7,9/10 Punkten