Rezensionen

Tannhäuser in Salzburg.

6. April 2023, 08:15 Uhr

Georg Zeppenfeld (Hermann, Landgraf von Thüringen), Jonas Kaufmann (Tannhäuser)
Monika Rittershaus

Unser Opernexperte Richard Schmitz war gestern bei der zweiten Aufführung der Oper „Tannhäuser“ von Richard Wagner bei den Osterfestspielen in Salzburg

Zweite Vorstellungen einer Serie haben meist den Vorteil, dass die Premierennervosität wegfällt und unmittelbarer musiziert wird. Auch gestern wirkten alle gelöst und sicher. Schneller hat Andris Nelsons allerdings nicht dirigiert. Da wird vieles zerdehnt und der Fluss der Musik kommt kaum zustande. Es gibt ernsthafte Leute, die meinen, „Tannhäuser“ sei ein dramatisches Werk. Andris Nelsons meint offenbar, es sei rein kontemplativ. Das Leipziger Gewandhausorchester folgt seinem Chefdirigenten; die Sängerinnen und Sänger sind die zögernden Tempi offenbar gewöhnt und bauen in ihrer Not Schnappatempausen ein. Vor allem Christian Gerhaher hat in dieser Langsamkeit die Chance den dritten Akt zum Erlebnis zu machen; und diese Chance nützt er auch. Nach den ersten beiden Akten entsteht ein packendes Musikdrama, in dem sich auch Jonas Kaufmann und Marlis Petersen zu intensiverem Ausdruck steigern. Romeo Castellucci hat seine Münchner Inszenierung für Salzburg aufgefrischt. Der Regisseur bemüht sich nachzuweisen, dass nackte Frauenkörper unerotisch sind und das gelingt ihm auch. Da hat es die Venus – Emma Bell – besonders schwer, erotisch zu sein. Man versteht Tannhäuser, dass er weg will, dass er lange geblieben ist, versteht man weniger. Romeo Castellucci versucht den antagonistischen Widerspruch von Sündig und Heilig zu negieren und verheddert sich prompt. Wer sich krampfhaft bemüht über den Tellerrand hinauszuschauen, bemerkt meist, dass er das Tischtuch bekleckert hat. Elisabeth geht während des Duetts im Park spazieren, erfreulicherweise bleibt Wolfram da. So singt Tannhäuser zwar den falschen an, aber immerhin jemanden. Der wiederergrünte Stab des Papstes wird ersatzlos gestrichen. Dass Gott anders entscheidet, als der Papst, kann doch heute kein Problem mehr sein. Über die Idee, die leiblichen Überreste von Tannhäuser und Elisabeth über Milliarden von Jahren verrotten zu lassen und  sie dann zu verbrennen, kann man nachdenken; wahrscheinlich kommt man da zu dem Schluss, dass nach so vielen Jahren sicher nichts mehr da ist, was man verbrennen kann. Völlig geschmacklos ist es aber, nicht die Bühnenfiguren Heinrich und Elisabeth verrotten zu lassen, sondern die Sänger Jonas und Marlis.  

Das Publikum reagierte nach den ersten beiden Akten zurückhaltend, am Ende doch noch begeistert.  

Wertnote: 7,4/10 Punkten