CD der Woche
The Handel Project
18. Februar 2023, 07:30 Uhr
Interpreten: Seong-Jin Cho
Label: DG
EAN: 0028948630189
Wenn man an alte Musik für Tasteninstrumente denkt, sind es vor allem die Werke von Johann Sebastian Bach, die einem in den Sinn kommen. Dann wahrscheinlich Scarlatti und andere, aber wohl kaum Georg Friedrich Händel. Der südkoreanische Pianist Seong-Jin macht aus seiner Vorliebe für Händels Suiten für Tasteninstrumente kein Geheimnis und hat nun, nebst Brahms‘ Händelvariationen, einige davon auf CD eingespielt. Michael Gmasz verrät wieder mehr über unsere CD der Woche.
Während in letzter Zeit immer mehr Pianisten ihre Vorliebe für das Spiel auf historischen Tasteninstrumenten entdecken, denken wir nur an die jüngst vorgestellte Bach CD auf dem Clavichord mit András Schiff, hat Seong-Jin Cho für seine Händel Aufnahme bewusst einen modernen Steinway D gewählt. Auch wenn er sich von Cembalo-Interpretationen wie jener von Trevor Pinnock inspirieren ließ, ist der moderne Flügel doch das Instrument, auf dem er sich zu Hause fühlt und mit dem er genau das ausdrücken kann, was er möchte. Und das ist so einiges.
Das Große an Seong-Jin Chos Interpretation der drei ausgewählten Suiten von Händel ist die absolute Zurücknahme und Konzentration auf das Wesentliche in der Musik. Hier geht es nicht um Pose, hier versucht niemand, etwas in Händels Werk hineinzuinterpretieren, das so gar nicht vorgesehen ist. Gerade darin liegt sie Schönheit des Spiels von Seong-Jin Cho. Fast unschuldig, zaghaft und doch überzeugend beginnt er die CD mit dem Adagio aus der zweiten Suite aus den 8 Suite de pièces de clavecin, worauf mit dem ersten Allegro gleich der klare Anschlag und dynamische Feinheiten zeigen, in welche Richtung seine Interpretation geht. Diese Klarheit legt er auch den Händelvariationen von Johannes Brahms zugrunde, auch wenn dann natürlich mehr Pedal und mehr romantische Verklärtheit zu seinem Spiel hinzukommen und es gegen Ende auch richtig „pomposo“ klingen darf. Den romantisierenden Zugang hat auch Wilhelm Kempff gewählt, als er ein Händelsches Menuett arrangiert hat. Auch hier, am Ende seiner aktuellen CD, zeigt Seong-Jin Cho wieder ganz andere Farben und einen gänzlich anderen Zugang zu Händel, als zu Beginn der Aufnahme. (mg)