CD der Woche

Wagenseil: Trio Sonatas

10. September 2022, 07:35 Uhr

Cover der neuen CD des Ensemble Klingekunst

Interpreten: Ensemble Klingekunst

Label: cpo

EAN: 761203540624

Wenn es darum geht, bisher Ungehörtes und Unentdecktes aus den Archiven zu holen und zu neuem Leben zu erwecken, darf man sich nicht immer Überraschendes oder Revolutionäres erwarten. Oftmals sind es einfach Kompositionen, die „dem aufmerksamen Zuhörer Augenblicke musikalischer Schönheit“ schenken, wie es im Beiheft unserer aktuellen CD der Woche heißt. Michael Gmasz hat sie genossen, diese Augenblicke.

Eine Sammlung von 17 Triosonaten für Traversflöte, Violine und Basso Continuo des Wiener Komponisten Georg Christoph Wagenseil findet sich in einer Bibliothek in Bergamo. Ein Fundort, der auch die Bedeutung des Komponisten Wagenseil weit über seine Wirkungsstätte Wien hinaus zeigt. Wenn man denn auch weiß, wo und wonach man suchen muss. Sieglinde Größinger Traverso, Dimitris Karakantas Barockvioline, Pavel Serkin am Barockcello und Maja Mijatovic am Cembalo, also die Mitglieder des Ensemble Klingekunst, wissen bestens Bescheid und haben diese kostbaren Preziosen gehoben und sieben davon für cpo auf CD eingespielt.

Die Tonarten reichen von Es-Dur über g-Moll und F-Dur bis D-Dur, die Triosonaten sind allesamt 3-sätzig in der Form schnell-langsam-schnell und haben alle mehr oder weniger die gleiche Länge. Und doch klingt jede für sich anders. Ein Ergebnis der Affektenlehre in der Musik des17. und 18. Jahrhunderts. Wagenseil wusste die verschiedenen Parameter von Stil, Gattung, Tempo, Harmonie, Dynamik, Artikulation usw. bestens einzusetzen um die angestrebten Grundaffekte wie Trauer und Freude, aber auch weitere Affektnuancen wie die Sehnsucht zum Klingen zu bringen. Das Ensemble Klingekunst wiederum weiß diese Affekte zu interpretieren und so verständlich zu machen. Nicht unerwähnt bleiben soll an dieser Stelle der dazugehörige, ausgezeichnete CD-Text dazu von Dagmar Glüxam. Frisch, lebendig und tänzerisch geben sich Flöte und Geige in den flotten Sätzen die musikalische Klinke in die Hand, motivieren sich gegenseitig mit kontrapunktischen Passagen oder genießen die Parallelität im Terz- oder Sextabstand. Sie mögen vielleicht nicht immer überraschend oder revolutionär sein, die Werke die man aus dem Schlummer wachküsst. Wert sind sie es allemal! (mg)