Rezensionen

Zweimal 6 - einmal Entführung.

16. Juli 2021, 08:15 Uhr

In Gras am Kamp hatte gestern statt der geplanten Carmen Wolgang Amadé Mozarts Entführung aus dem Serail Premiere. Wie es in der Vorbereitung hieß, in einer sehr sparsamen Version. Unser Opernliebhaber Richard Schmitz war dabei.

Sparsam war der gestrige Abend fürwahr. Der Intendant Johannes Wildner hat sein ganzes Improvisationstalent ausgepackt und eine einmalige Entführung im Burghof von Gars verwirklicht. Statt der Chöre und den Statistenmassen zweimal sechs: 6 Sängerinnen und Sänger auf der Bühne, 6 Musiker und Musikerinnen im Orchestergraben, der sich in Gars bekanntlich seitlich vom Publikum befindet. So entstand eine kompakte harmonische Verwirklichung, die zeigt, dass gerade Sparsamkeit zu einer Konzentration der Kräfte führt. Für Johannes Wildner steht Mozarts Musik im Zentrum. Er spielt selber die erste Violine und ist so Konzertmeister und Dirigent gleichzeitig. Joanna Ruseva spielt die zweite Violine, Reinhold Rieger die Viola, Young Jung das Cello, Julian Kabas am Kontrabass und Nikola Djoric ersetzt mit seinem Akkordeon das übrige Orchester. Lisa Padouvas  hat ihre Inszenierung dem Burghof angepasst. Die Handlung wurde konsequent erzählt. So konnte man sich ganz auf die Darsteller konzentrieren. Der spanische Edelmann wird gesungen vom südafrikanischen Tenor Siyabonga Maqungo. Er verfügt über eine gut geführte Stimme und setzt diese geschmackvoll ein. Für die Geliebte Belmontes Konstanze konnte im letzten Moment die Südkoreanerin  Sooyeon Lee gewonnen werden. Zweifellos die interessanteste Stimme des Abends. Sie kann die emotionalen Überschneidungen der Figur durchaus zur Geltung bringen. Tamara Ivanis und Ian Spinetti sind ein verlässliches Dienerpaar. Sie ärgern den Osmin von Jacques-Greg Belobo gekonnt. Dere wiederum revanchiert sich mit sonor tiefer Stimme. Bassa Selim ist schon etwas in die Jahre gekommen; Stephan Paryla-Raky ist da überzeugend. Undenkbar sind in Gars Opern ohne die Gebrüder Denk, deshalb hat Bassa Selim zwei gefährliche Diener. Alle beweisen, dass auch auf Sparflamme durchaus respektable Leistungen erbracht werden können. Das Publikum applaudierte fachkundig nach jeder Musiknummer, manchmal auch schon früher.

Jacques-Greg Belobo, Sooyeon Lee und Siyabonga Maqungo

Nächstes Jahr gibt’s wieder große Oper mit Orchester, Chor und jeder Menge an Statisten, die schon für heuer geplante Carmen.

Wertnote: 6,8/10 Punkten.

© Oper Burg Gars/Andreas Anker: Jacques-Greg Belobo (Osmin), Sooyeon Lee (Konstanze) und Siyabonga Maqungo (Belmonte)