Perspektiven

Resurrexit.

20. April 2022, 17:30 Uhr

Verduner Altar
Nicolaus von Verduner, 1181 datiert, Detail: Auferstehender Christus, Augustiner Chorherrnstift Klosterneuburg, Leopoldskapelle. Foto: Peter Böttcher, IMAREAL Krems.
Peter Böttcher, IMAREAL Krems

Spät beginnt die christliche Kunst den auferstandenen Christus darzustellen. Erst recht galt der „Moment“ der Auferstehung als nicht darstellbar. Die Kunsthistorikerin Martina Pippal erklärt, wie das Ostergeheimnis ins Bild kam, und welch’ schöne Blüten dies treibt.

Eine „Achtung Bibel!“-Sendung von Stefanie Jeller
Montag, 20. April 2022, 17.30-17.55 Uhr.

Ostern – Bilder des Unsagbaren

(Artikel aus: magazin KLASSIK No. 24/Frühling 2022, von Stefanie Jeller)

Wenn im Neuen Testament von Jesus erzählt wird, geht es nie nur um den “Jesus von damals”. Gemeint ist immer der auferstandene Christus. So schwingt in den Wundererzählungen am See Genezareth in Galiläa oder in der Leidensgeschichte in Jerusalem die Botschaft mit: Es ist der Auferstandene, er spricht jetzt, er heilt und vergibt – bis in unsere Tage, kurz: Er lebt. Folgerichtig wollen die Geschichten am Ostermorgen von den Frauen, die das leere Grab entdecken, dass sie nicht am Grab bleiben. Ein Engel schickt sie fort, sie sollen den Jüngern ausrichten: “Jesus ist auferstanden.” Der Engel verweist die Frauen und die Jünger gewissermaßen in ihren Alltag zurück, in dem der Auferstandene gegenwärtig sein werde: “Er geht euch voraus nach Galiläa; dort werdet ihr ihn sehen.”

Jesus ist zwar in der Bibel immer der Auferstandene, trotzdem ist in den Texten große Zurückhaltung beim Thema Auferstehung spürbar. Die Menschen erkennen ihn nicht sofort. Maria von Magdala meint etwa, es sei der Gärtner, die Jünger meinen einen unbekannten Wanderer getroffen zu haben. Erst als er Maria mit Namen anspricht und mit den Jüngern das Brot bricht, erkennen sie den Auferstandenen. Aber da ist er schon nicht mehr zu sehen…

Große Vorsicht also beim Beschreiben des Unvorstellbaren. Vor allem: Was nirgends beschrieben wird, ist der “Moment” der Auferstehung. Aus gutem Grund. Wann sollte dieser stattgefunden haben? Was sollte dabei vor sich gegangen sein? Würde eine solche Geschichte die Glaubenden nicht zu sehr an das Grab binden?

Die christliche Kunst hält sich weit über 1.000 Jahre lang an diese Zurückhaltung. Der Moment der Auferstehung wird nicht dargestellt. Die Botschaft lautet: “Sucht den Lebenden nicht bei den Toten.”

Doch ab dem Hochmittelalter ändert sich das. Da brechen die Gräber auf, ein kraftvoller Christus, der die Steinplatten weggeschoben hat, erhebt die Arme, zeigt seine Wunden, und fährt in grellem Licht in die Höhe. Ein Zeitzeugnis dieses kunstgeschichtlichen Umbruchs ist Anfang der 1950er Jahre unweit von Wien gefunden worden. Bei der Restaurierung der Email-Tafeln des “Verduner Altars” (fertiggestellt 1181) im Stift Klosterneuburg, kam eine unvollendet gebliebene Zeichnung der drei Frauen mit dem Engel am Grab zum Vorschein. Der Künstler und Goldschmied Nicolaus von Verdun hatte das Bild bereits eingeritzt, es dann aber verworfen, davon geht die Professorin für Kunstgeschichte an der Universität Wien, Martina Pippal aus. Ausgeführt hat er den aus dem Grab steigenden Christus. Die Darstellung will nicht bloß einen Moment abbilden, sondern eine Botschaft vermitteln: Christus hat den Tod besiegt. Die Betrachtenden sind aufgerufen zu überlegen, was dies in ihrem Leben bedeutet.